Krim-Tataren erinnern an Deportation
18. Mai 2014Alle Verbote durch die neuen Machthaber auf der Krim halfen nichts. Am Sonntag versammelten sich tausende Mitglieder der muslimischen Volksgruppe an einer Moschee, um der Deportation ihrer Familien vor 70 Jahren zu gedenken. Bis zum 18. Jahrhundert stellten die Tataren die Bevölkerungsmehrheit auf der Krim, nach der Erobung der Halbinsel durch Russland änderte sich das Kräfteverhältnis.
Im Zweiten Weltkrieg, kurz nachdem die sowjetische Armee die deutschen NS-Truppen von der Krim vertrieben hatte, fasste Diktator Josef Stalin den Entschluss, die dort ansässigen Tataren nach Sibirien und Zentralasien umzusiedeln. Er warf der Volksgruppe vor, mit den Deutschen kollaboriert zu haben - die Deportation war Stalins Strafe dafür. Rund 250.000 Menschen wurden mit Güterzügen in ihre neue Heimat transportiert, wo viele von ihnen an Hunger und Krankheiten starben. Die Vertreibung damals hat bis heute Spuren hinterlassen. Viele Tataren misstrauen der Regierung in Moskau und verbinden mit Russland vor allem Unterdrückung und Leiden.
Bei den inoffiziellen Gedenkfeiern am Wochenende in der Krim-Hauptstadt Simferopol kam es deshalb auch zu Protesten gegen den Anschluss der Halbinsel an Russland. Während die Menge ukrainische Fahnen schwenkte, kreisten über ihr russische Militärhubschrauber. Auf der Bühne betete Mufti Emirali Ablaev für die verstorbenen Vorfahren, anschließend rief er die neuen Machthaber dazu auf, den Tataren gesetzlich eine Vertretung in der neuen Regierung auf der Krim zu garantieren.
Sigmar Gabriel droht Moskau
Unterdessen gehen die Bemühungen um eine Entspannung des Ukraine-Konflikts weiter. Am Sonntagnachmittag haben Russlands Außenminister Sergej Lawrow und sein deutscher Amtskollege Frank-Walter Steinmeier per Telefon über die aktuelle Lage gesprochen. Aus dem russischen Außenamt hieß es, die Ressortchefs hätten vor allem über die Rolle der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) gesprochen. Lawrow habe auch einen Dialog zwischen der ukrainischen Regierung und den prorussischen Separatisten gefordert, der von der Führung in Kiew bislang abgelehnt wird.
Auch Steinmeiers Kabinettskollege Sigmar Gabriel sendete neue Signale an Moskau - wenn auch nur indirekt. In einem Interview drohte der Wirtschaftsminister und Vizekanzler Russland Wirtschaftssanktionen an, falls die Präsidentschaftswahlen in der Ukraine scheitern sollten. "Europa wird nicht einfach zuschauen, wenn die Abstimmung von außen gestört wird", verkündete Gabriel und forderte Russland dazu auf, die für den 25. Mai angesetzten Wahlen zu unterstützen und deren Ergebnis zu akzeptieren.