Krise in Haiti: Übergangsrat offiziell gebildet
13. April 2024Einen Monat nach der Einigung auf eine Interimslösung ist diese nun offiziell: Ein Übergangs-Präsidialrat soll Haiti führen, bis eine neue Regierung im Amt ist. Ein entsprechendes Dekret erschien am Freitag im Amtsblatt des Karibikstaates, "Le Moniteur". Es soll ein Ausweg aus der Staats- und Sicherheitskrise in dem Karibikstaat sein.
Der Rat solle "rasch" einen Ministerpräsidenten ernennen sowie eine Regierung, in der die verschiedenen politischen Gruppierungen Haitis vertreten sind, heißt es in der Verfügung. Der versprochene offizielle Rücktritt des Interimspremierministers Ariel Henry könnte bald folgen. Der Rat soll zudem den Weg hin zu den ersten Wahlen in Haiti seit 2016 ebnen.
Das Gremium übe bis zur Amtseinführung eines neuen gewählten Präsidenten besondere präsidiale Befugnisse aus, heißt es weiter in dem Dekret. Die Amtseinführung müsse bis spätestens 7. Februar 2026 geschehen. Der Übergangs-Präsidialrat soll sich aus neun Vertretern verschiedener Parteien, zivilgesellschaftlicher Gruppen und der Wirtschaft zusammensetzen - sieben davon stimmberechtigt.
Dies war vor vier Wochen nach einem Treffen der Karibischen Gemeinschaft CARICOM in Jamaika verkündet worden, an dem auch US-Außenminister Antony Blinken teilnahm. Auf Druck der USA kündigte Interimspremierminister Henry an, zurückzutreten, wenn der Rat stehe.
Das nun im Amtsblatt veröffentlichte Dekret sieht vor, dass Henry nach der Ernennung eines neuen Ministerpräsidenten formell zurücktritt. Henry war wegen der Sicherheitslage in Haiti von einer Auslandsreise Ende Februar nicht zurückkehrt.
Werden die Gangsterbanden sich zurückziehen?
Es ist jedoch unklar, ob der Übergangsrat in der Lage sein wird, seine Autorität gegenüber den Banden durchzusetzen, die einen Großteil der Hauptstadt Port-au-Prince kontrollieren. Ob die Gangsterbosse einem Rückzug zustimmen werden, ist nicht bekannt.
Haiti leidet unter einer massiven Welle von Bandengewalt, die Lage in dem verarmten Karibikstaat hatte sich in den vergangenen Wochen zusehends verschlechtert. Kriminelle Gangs kontrollieren inzwischen weite Teile des Landes und rund 80 Prozent der Hauptstadt. Ihnen werden zahlreiche Verbrechen wie Mord, Vergewaltigung und Lösegelderpressung vorgeworfen.
Nach Angaben des UN-Menschenrechtsbüros (Stand Ende März) wurden mehr als 1500 Menschen getötet, auch die Zahlen der Entführungen und Vergewaltigungen hätten zugenommen. Rund 95.000 Menschen wurden nach Angaben der Internationalen Organisation für Migration (IOM) innerhalb eines Monats aus dem Großraum Port-au-Prince vertrieben. Die bestehende Hungerkrise verschärfte sich, die humanitäre Lage ist dramatisch.
Optimistisches Echo
Die offizielle Bildung des Übergangsrats rief positive Reaktionen hervor. Nach Einschätzung der Staatengemeinschaft CARICOM sei dies "die Möglichkeit eines Neuanfangs für Haiti". Ein US-Außenamtssprecher sagte, "diese Entwicklungen sind ein positiver Schritt zur Wiederherstellung der Sicherheit, ebnen den Weg für freie und faire Wahlen und zur Wiederherstellung der Demokratie und einer inklusiven Regierungsführung in Haiti".
Das UN-Büro in Haiti teilte mit, es werde den politischen Prozess in Haiti weiterhin aufmerksam verfolgen. Die "internationale Unterstützung für die haitianische Polizei für die Wiederherstellung der Sicherheit und der Rechtsstaatlichkeit" bleibe "essenziell".
In Haiti sind seit 2016 keine Wahlen mehr abgehalten worden, seit der Ermordung von Jovenel Moise im Juli 2021 ist der Karibikstaat zudem ohne Präsident. Auch ein Parlament gibt es nicht mehr. Ariel Henry hatte die Regierungsgeschäfte kurz nach Moisese Tod übernommen. Eine bereits im Oktober vom UN-Sicherheitsrat genehmigte multinationale Sicherheitsmission zur Unterstützung der haitianischen Polizei gegen die Banden kam bislang nicht zustande.
AR/haz (dpa, afp)