Kulturmomente 2017: Highlights, Flops und Überraschungen
Mutige Hashtags, verstörende Bücher, teure Gemälde, ein noch teureres Konzerthaus, Skandale, Rekorde, Kunst und Kohle - Kultur ist und bleibt lebendig und bunt, das hat sie 2017 mal wieder eindrucksvoll bewiesen.
#metoo - Person des Jahres
Das Time-Magazine kürt jedes Jahr herausragende Persönlichkeiten zur "Person of the Year". 2017 war es eine ganze Bewegung: Alle Frauen, die unter dem Hashtag #MeToo ihre Erfahrungen mit Sexismus und Missbrauch öffentlich gemacht haben. #MeToo hat eine Sexismusdebatte losgetreten, die auch die DW-Kulturredaktion im nächsten Jahr in einem Schwerpunkt aufgreifen wird: "...because it's 2018!"
Schuld war ein mächtiger Filmproduzent
Der einflussreiche Harvey Weinstein konnte es sich offenbar leisten, Hollywoods Frauen, auch große Stars, in großem Maße sexuell zu belästigen und zu missbrauchen. Jahrzehntelang schwiegen die Frauen, dann packten sie unter #MeToo aus und brachten weitere Fälle ans Licht: Weinstein war nicht der einzige. Auch Superstar Kevin Spacey wurde übergriffig und wird nun geächtet.
Elphi ist da!
Im Januar eröffnete in Hamburg ein Konzerthaus der Superlative. Die Elbphilharmonie sollte 2010 schon fertig sein. Aber wie das so ist bei Großbauten: Die Kosten explodierten. Aus ursprünglich geplanten 77 Millionen Euro wurden letztendlich 866 Millionen. Da hat man sich wohl leicht verkalkuliert. Seit der Eröffnung aber ist "Elphi" ein musikalischer Wallfahrtsort. Und immer ausverkauft.
Wo bleibt der Oscar?
Die Regisseurin Maren Ade hat mit ihrem liebenswürdigen Papa-Tochter-Drama "Toni Erdmann" Publikum, Kritiker und Festivaljurys weltweit begeistert. Mit gut zwanzig wichtigen Preisen im Gepäck rechnete man sich gute Chancen für den Oscar als bester fremdsprachiger Film aus. Fehlanzeige. Kein Golden Globe, kein Oscar. Stattdessen die Ankündigung, dass es ein US-Remake von "Toni Erdmann" geben wird.
Vielleicht schafft es Fatih Akin
Mit dem Film "Aus dem Nichts" über mordende Neonazis hat Akin bereits Preise bekommen, seine Hauptdarstellerin Diane Kruger wurde in Cannes als beste Schauspielerin ausgezeichnet. Ende 2017 wurde bekannt, dass der Film für den Golden Globe nominiert ist - als bester ausländischer Film. Sollte Akin den Preis im Januar 2018 gewinnen, ist die Chance einen Oscar zu erhalten gar nicht mal so schlecht.
Emotionaler Bungeesprung
Der Roman "Ein wenig Leben" von Hanya Yanagihara erscheint in Deutschland. Ein Buch über Liebe, Familie, Sexualität, Leidenschaft, Schmerz und unmenschliche Qualen. Der Roman hat eine solche emotionale Wucht, dass er überall wo er erscheint, polarisiert. Dennoch: Von den Kritikern wird das Buch gefeiert und hält sich ein halbes Jahr lang in den Top 20 der Bestsellerliste in Deutschland.
Goldener Löwe in Venedig
Auf der Kunstbiennale wird der Deutsche Pavillon als bester nationaler Beitrag mit einem Goldenen Löwen gewürdigt. Die Frankfurter Künstlerin Anne Imhof hat den mit Glasböden durchzogenen Pavillon gestaltet. Zur Eröffnung zeigt sie eine etwa fünf Stunden lange bedrückende Performance unter dem Titel "Faust". Die Themen: Macht und Ohnmacht, Willkür und Gewalt, Widerstand und Freiheit.
Wenn Kunst zur Pleite wird
Die Documenta 14 fand 2017 an zwei Orten statt: Kassel - wie immer - und erstmals Athen. Ein Millionengrab, wie sich herausstellen sollte. Denn: Der zweite Standort in Athen war sicherlich attraktiv, hat aber auch enorme Kosten verschlungen. Am Ende fehlten sieben Millionen Euro in den Kassen - Bürgschaften konnten die berühmte Kunstschau gerade noch vor der Pleite retten.
Ein kleines Lied für Kiew
Sieger des Eurovision Song Contest ist zum ersten Mal Portugal. Der herzkranke Jazzsänger Salvador Sobral gewinnt den Gesangswettbewerb, der üblicherweise von Windmaschinen, Pyrotechnik, Lasergigantomanie und Pomp beherrscht wird, mit einer leisen, zuckersüßen Jazzballade. Im Dezember gelang eine Herztransplantation, dennoch muss der Sänger weiter um sein Leben kämpfen.
Der Anschlag in Manchester
Am 22. Mai tritt Ariana Grande vor mehreren Tausend Jugendlichen auf. Am Ende - die Kids brechen gerade auf - sprengt sich ein Selbstmordattentäter in die Luft und reißt 22 Menschen mit sich. Schock und Entsetzen weichen dem unbedingten Willen, den Terroristen die Stirn zu bieten. Zwei Wochen später gibt Grande zusammen mit anderen Stars ein Benefizkonzert für die Angehörigen der Opfer.
Rock am Ring: Terrorwarnung, Party vorbei
Nach Manchester sind alle Veranstalter alarmiert. Am Nürburgring feiern 80.000 die Band "Broilers", als der Song mittendrin abbricht: Aufgrund einer Terrorwarnung sei das Festival bis auf Weiteres unterbrochen. Tatsächlich verlassen die 80.000 Musikfans friedlich das Festivalgelände und kehren zurück zu ihren Zelten. Sie singen: "Eins kann uns keiner nehmen, und das ist die pure Lust am Leben."
Bayreuth: Jüdischer Regisseur inszeniert Hitlers Lieblingsoper
In seiner Deutung von Wagners "Meistersinger von Nürnberg" thematisiert der Australier Barrie Kosky das schwierige Verhältnis von Bayreuth und den Juden: Aus Wagners Residenz Wahnfried wird der Gerichtssaal der Nürnberger Prozesse. "Durch seine antisemitischen Tiraden steht Richard Wagner immer noch auf der Anklagebank", sagt Kosky. "Und ich weiß nicht, ob er je wieder davon runterkommt."
Ein Museum wird 20
In der baskischen Hauptstadt Bilbao feiert man das ganze Jahr lang den 20. Geburtstag des Guggenheim Museums. Der Kunsttempel rettete die Stadt vor dem Niedergang. Früher war sie eine blühende Industriestadt, heute ist Bilbao ein Kunstmekka, das jährlich gut eine Million Besucher anlockt. Beim Höhepunkt "Reflections" wird das Museum zur Projektionsfläche einer gigantischen Lichtershow.
500 Jahre Reformation
Am 31. Oktober 1517 soll der Theologe Martin Luther seine 95 Thesen an die Tore der Schlosskirche in Wittenberg geschlagen haben. Damit veränderte sich die Kirchenlandschaft in Deutschland bis heute. Die Protestanten feiern seitdem am 31. Oktober "ihren" Reformationstag. Die evangelische Kirche begeht das Lutherjahr 2017 mit Festakten und Veranstaltungen, sogar einen zusätzlichen Feiertag gibt es.
Ein da Vinci für 450 Millionen Dollar
Weltrekord! Bei Christie's knallen im November die Sektkorken: Der Verkauf des "Salvator Mundi" bringt dem Auktionshaus eine feine Provision. Und dem Christie's-Experten Loïc Gouzer die Gewissheit, dass er alles richtig gemacht hat. Denn er hat mit einer geschickten Werbekampagne so starke Begehrlichkeiten geweckt, dass sich die Bieter bei der Auktion 19 Minuten lang bis aufs Blut bekämpfen.
Taylor Swift: Verkaufsstart mit Rekord
Ihr Album "Reputation" braucht nur vier Tage bis zur Spitze der Billboard-Charts als bestverkauftes Album 2017 - mit über einer Million verkauften Exemplaren. Für Kritiker allerdings ist die Platte eher ein Flop. Denn Swift hat sich mit vielen Leuten aus der Szene überworfen, mit denen sie auf "Reputation" abrechnet. Doch das wollen wohl nur die echten Fans hören. Gut, dass sie so viele hat.
Star Wars VIII - die Saga geht weiter
Der achte Star Wars-Film "Die letzten Jedi" erzählt die Geschichte der heimatlosen Rey und ihren Freunden weiter: Die Galaxie wird von einem Bösewicht terrorisiert, ein Häuflein Rebellen kämpft dagegen an und sucht Hilfe beim letzten verbliebenen Jedi: Luke Skywalker. Es ist nach Star Wars VII der zweiterfolgreichste Kinostart aller Zeiten und hat nach vier Tagen 220 Millionen Dollar eingespielt.