Kunst aus dem Holocaust
Sie sahen den Schrecken - und malten ihn. Das Deutsche Historische Museum zeigt 100 Werke aus der Gedenkstätte Yad Vashem in Israel. Kunst von Menschen, die den Holocaust erlebten. Aber nicht alle überlebten.
Die Farben des Ghettos
Kann das Grauen schön sein? Die Berliner Ausstellung "Kunst aus dem Holocaust" zeigt: Während die Nazis das wohl größte Verbrechen der Menschheitsgeschichte begingen, gelang es einigen Künstlern das Leben inmitten der Konzentrationslager und Ghettos zu dokumentieren und damit große Kunst zu schaffen. Im Bild: "Eine Straße im Ghetto von Łodz" des Künstlers Josef Kowner, der den Holocaust überlebte.
Düstere Ahnung im Exil
Erstmals sind 100 Werke aus der Gedenkstätte Yad Vashem im Deutschen Historischen Museum zu sehen. Von den 50 Künstlern, deren Werke gezeigt werden, wurden 24 von den Nationalsozialisten ermordet. So wie Felix Nussbaum, einer der prominenten Künstler der Ausstellung, der 1944 in Auschwitz starb. Das berühmte Bild "Der Flüchtling" zeigt seine Verzweiflung im Exil. Er malte es 1939 in Brüssel.
"Leben? Oder Theater?"
Auch diese Künstlerin ist nach einigen Gesamtschauen in Deutschland bekannt: Charlotte Salomon. Sie zeichnete ihre eigene tragische Lebensgeschichte einer jüdischen Berlinerin als Singspiel mit über 700 Illustrationen unter dem Titel "Leben? Oder Theater?". 1943 wurde sie aus ihrem südfranzösischen Exil nach Auschwitz deportiert und - damals schwanger - sofort nach ihrer Ankunft ermordet.
Der Traum vom "Mädchen im Felde"
Weniger bekannt ist ihre Geschichte: Nelly Toll überlebte gemeinsam mit ihrer Mutter im besetzten Lwów, versteckt von einem befreundeten christlichen Ehepaar. Im abgeschlossenen Zimmerchen zeichnete Nelly unter anderem diese Gouache. Die heute 81-Jährige ist zur Ausstellungseröffnung aus den USA angereist.
Der "Pfad zwischen den Baracken"
Der Bonner Leo Breuer hatte im Ersten Weltkrieg für den Kaiser gekämpft. 1934, ein Jahr nach Hitlers Machtübernahme, emigrierte der Künstler nach Den Haag, dann nach Brüssel. Er konnte weiter als Maler arbeiten und ausstellen. 1940 wurde er ins Lager St. Cyprien verschleppt, dann nach Gurs. Dort hielt er in Skizzen und mit Wasserfarben (s.o.) das Leben im Lager fest. Leo Breuer starb 1975 in Bonn.
"Ein Frühling" im Lager Gurs
Im südfranzösischen Lager Gurs gestalteten Karl Robert Bodek , Fotograf und technischer Zeichner aus Czernowitz, und Kurt Conrad Löw, Textildesigner aus Wien, gemeinsam Grußkarten - bis Bodek 1941 deportiert wurde: zunächst ins Lager Les Milles bei Aix-en-Provence, dann weiter nach Drancy und schließlich nach Auschwitz. Dort wurde Bodek 1942 ermordet.
"Hintereingang" des Gettos Theresienstadt
Bedřich Fritta zählt zu den bekannten Künstlern der Ausstellung. In Theresienstadt leitete er das Zeichenbüro, wo offiziell Propagandamaterial hergestellt wurde. Fritta und seine Mitstreiter zeichneten jedoch heimlich die Gräuel des Gettos. 1944 wurden sie entdeckt. Fritta starb in Auschwitz. Nach der Befreiung von Theresienstadt fand man 200 seiner Arbeiten, in Wänden versteckt oder vergraben.
"Ankunft eines Transports in Theresienstadt"
Leo Haas ist nicht nur bekannt, weil er gemeinsam mit Fritta etliche Werke über das Lagerleben anfertigte. In Sachsenhausen musste er im Rahmen der "Operation Bernhard" Geldscheine der Alliierten fälschen. Er überlebte und adoptierte den Sohn Tomáš seines ermordeten Malerfreunds Fritta. Nach dem Krieg fand Haas in Theresienstadt 400 seiner Werke wieder, die er dort versteckt hatte.
"Das Lied ist aus"
Auch Pavel Fantl gehörte zum Kreis der Künstler von Theresienstadt, obwohl er als studierter Mediziner das Spital für Typhuskranke im Lager leiten musste. Doch auch er wurde entdeckt, wie Fritta gefoltert und anschließend nach Auschwitz deportiert. Im Januar 1945 wurde er auf einem Todesmasch erschossen. Etwa 80 seiner Zeichnungen konnte er aus Theresienstadt herausschmuggeln.
"Der Geschlagene"
Jacob Lipschitz hatte vor dem Krieg am Kunstinstitut Vilnius unterrichtet. 1941 musste er ins Getto Kaunas übersiedeln. Dort schloss er sich einer Künstlergruppe an, die heimlich das Gettoleben dokumentierte. Lipschitz starb im März 1945 im Lager Kaufering. Seine Frau und Tochter kehrten nach Kriegsende ins Getto Kaunas zurück und retteten seine auf dem Friedhof versteckten Bilder.
Zwischen Trostlosigkeit und Träumen
Die Bilder dokumentieren die Trostlosigkeit und Brutalität im Lager, zeigen aber auch, wie die inhaftierten Künstler in ihren Werken eine Gegenwelt zu den Gräueltaten der Nazis erschufen. Die Ausstellung "Kunst aus dem Holocaust" ist noch bis zum 3. April im Deutschen Historischen Museum zu sehen. Im Bild ein Werk von Moritz Müller: "Dächer im Winter".