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Kupfer, ein Streik und der Rohstoffmarkt

Milan Tillich11. August 2006

In Chiles größter privater Kupfermine streiken die Arbeiter. Der Streik könnte sich auf den Weltmarkt auswirken, denn acht Prozent der weltweiten Jahresproduktion sind betroffen.

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Kupfer - momentan knapp und teuerBild: picture-alliance/ dpa

Die Arbeiter des weltgrößten privaten Kupfertagebaus Escondida im Norden Chiles sind seit Montag (7.8.2006) in einem unbefristeten Streik, weshalb das Bergwerk seinen Betrieb einstellen musste. Die 2052 vorwiegend gewerkschaftlich organisierten Bergarbeiter fordern Gehaltserhöhungen von 13 Prozent sowie eine Einmalzahlung von 30.000 US-Dollar (rund 23.300 Euro). Sie begründen ihre Forderung damit, dass sie an den starken Gewinnen der Escondida-Mine angemessen beteiligt werden wollen. Die Position der Streikenden ist nicht schlecht, denn sie haben enormes Drohpotenzial: Die bestreikte Mine in der Atacama-Wüste liefert jährlich 1,3 Millionen Tonnen Kupfer - das sind acht Prozent der weltweiten Produktion.

Chile Streik in der Kupfermine Escondida
Die Arbeiter wollen an den satten Gewinnen beteiligt werdenBild: AP

Gegenangebot ausgeschlagen

Escondida hatte ihren Arbeitern im Vorfeld des Streiks ein Angebot gemacht, welches eine Lohnerhöhung um drei Prozent sowie einen Bonus in Höhe von 21.200 Dollar umfasst. Obwohl sich die Gewinne der Mine seit 2003 verfünffacht haben, hatte das Unternehmen zuvor Lohnerhöhungen ausgeschlossen. Mit der Begründung, man wolle sich gegen zyklische Schwankungen am Kupfermarkt wappnen und deshalb die zusätzlichen Einnahmen beiseite legen. Das Gegenangebot wurde am Montag von den Arbeitern ausgeschlagen und der Streik setzte ein. Ein Gewerkschaftsführer sagte, man plane laute Proteste und wolle auch Arbeiter anderer Minen zur Teilnahme auffordern.

Kupferland Chile

Chile ist der größte Kupferexporteur mit einem Weltmarktanteil von rund 27 Prozent. Etwa die Hälfte der weltweit bekannten Vorkommen des roten Metalls liegt in dem südamerikanischen Land. Davon befindet sich rund die Hälfte in den Händen des staatseigenen Betriebes Codelco. Die andere Hälfte wird von großen Konsortien kontrolliert. So auch die bestreikte Mine Escondida. Sie gehört zu 57,5 Prozent dem australisch-britischen Branchenprimus BHP Billiton und zu 30 Prozent dem zweitgrößten Bergbaukonzern der Welt, Rio Tinto, sowie einigen kleineren Anteilseignern.

Kupferpreis bereits auf Rekordniveau

Ob sich der Streik auf den Weltmarktpreis für Kupfer auswirken wird, war zunächst unklar. Der Preis befindet sich bereits auf Rekordniveau und bewegte sich in den letzten Monaten zwischen 7000 und mehr als 8000 US-Dollar für eine Tonne Kupfer an der Londener Metallbörse (LME). Das ist ein Anstieg von rund 115 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Nach bekannt werden des Streiks in Chile stieg der Kupferpreis zeitweise über 8000 Dollar je Tonne, sank jedoch wieder unter diese Marke und schloss bei 7930 Dollar. Ob sich der Streik mittelfristig auf den Preis auswirkt, hängt von dessen Dauer ab. Dr. Markus Jaeger, Lateinamerika-Analyst bei der Deutschen Bank in New York, rechnet jedoch nicht mit längerfristigen Auswirkungen: "Ich glaube kaum, dass der Streik drei Monate dauern wird."

Chile Kupfermine in El Teniente
Ein Engpass in der Produktion ließ die Preise steigenBild: AP

Chinas Hunger nach Kupfer

In der Vergangenheit war in Branchenkreisen immer wieder die Rede von einem "Superzyklus" an den Waren-Terminbörsen. Gemeint ist damit ein Preishoch über Jahre, bedingt durch die starke Nachfrage, der die Produktion nicht nachkommen kann. Wichtigster Grund für den bisherigen Anstieg ist die steigende Nachfrage in China. Kupfer ist das älteste Metall der Menschheit und verfügt nach Silber über die beste thermische und elektrische Leitfähigkeit. Es eignet sich bestens für die Herstellung elektrischer Leitungen und Bauteile sowie von Heiz- und Kühlschlangen. Um seinen technischen Fortschritt voranzutreiben, hatte das Reich der Mitte seinen Bedarf an dem Rohstoff seit der Jahrtausendwende verdoppelt und stellt damit momentan etwa 22 Prozent der weltweiten Nachfrage.

Die riesige Nachfrage Chinas in den vergangenen Jahren führte zu einem Flaschenhals, wie Experte Jaeger es nennt, einem Engpass, der die Preise hochschnellen ließ. Zuletzt hatte es so eine große Nachfrage ab Mitte der 1950er bis Anfang der 1970er-Jahre im Zuge des Wiederaufbaus nach dem Zweiten Weltkrieg sowie der Industrialisierung Japans gegeben.

Jaeger sieht die aktuelle Preisschraube jedoch bald am oberen Ende angekommen. "Es wird zwar nicht unbedingt einen Crash geben", vermutet er, "aber die Preise werden bald wieder nachlassen."