Köln berauscht sich: Sieg gegen Arsenal
23. November 2017Der Rausch ist zu betörend. Nach 25 Jahren ohne internationalen Wettbewerb versuchen der 1. FC Köln und seine Anhänger, jeden Moment im Europapokal zu genießen. Wohl wissend: Der Zustand des Deliriums könnte bald vorbei sein, der Kater im Bundesliga-Alltag als Tabellenschlusslicht wäre umso grausamer. Nach dem überraschenden 1:0 (0:0)-Erfolg im fünften Gruppenspiel der Europa League gegen den FC Arsenal ist Köln jedoch wieder angeschwipst. Anstatt Letzter der Gruppe H sind die Rheinländer jetzt Zweiter und träumen wieder von namhaften Gegnern und legendären Spielen.
Dabei musste FC-Trainer Peter Stöger gleich sieben Stammspieler ersetzen, zwei weiteren Spielern gönnte er eine Pause. So blieb sogar ein Platz auf der Ersatzbank frei, obwohl sich der Österreicher schon aus dem Pool der U23-Mannschaft bediente. Arsenal tauschte gleich alle elf Spieler aus. Aber im Gegensatz zu Stöger tat Arsenal-Coach Arsène Wenger das nicht, weil er musste, sondern weil er konnte - Arsenal war bereits vorzeitig für das Achtelfinale qualifiziert. Und trotzdem standen in der "B-Elf" immer noch Spieler wie Frankreichs Nationalspieler Olivier Giroud.
Neues Spiel, altes Problem
Insgesamt war es tatsächlich eine ziemlich ausgeglichene Partie. Die Gastgeber begannen mutig und munter. Aber auch hier wurde mal wieder das größte Problem in dieser Saison sichtbar: Umschaltsituationen werden nicht ausgenutzt, der letzte Pass kommt nicht an, es fehlt der Mut zum risikoreichen Spiel. Immerhin, in der Abwehr stand der FC - bis auf wenigen Ausnahmen - stabil. Francis Coqueling hatte die beste Chance der ersten Halbzeit, traf aber nur den Pfosten (30. Minute). Bitter für den FC: Dominic Maroh humpelte nach einem Zusammenprall vom Platz (35.), später konnte auch Jhon Cordoba nicht mehr weiterspielen (57.).
Den FC-Fans ist nach der hohen Dosis Europapokal-Euphorie und dem gleichzeitigen Abstiegsstrudel in der Bundesliga ganz schwindelig: Der Verein planlos ohne Sportdirektor. Die Tage des Trainers gezählt. Der Gang in Liga zwei fast unvermeidbar. Und das Team erzielt kaum Tore, um wenigstens mal kurzzeitig jubeln zu können. Kurz vor der Pause machten die Zuschauer ihrem Unmut lautstark Luft, als sie ihr eigenes Team wegen ihrer Ideenlosigkeit auspfiffen. Aber bevor die FC-Anhänger sich in Selbstmitleid ergehen konnten, passierte plötzlich das:
"So eine Stimmung habe ich noch nie erlebt"
Ein Tor. Nicht aus dem Spiel heraus, eine Standardsituation. Aber ein Tor. Sehrou Guirassy, der kurz zuvor noch eine gute Chance mit einem harmlosen Schüsschen zunichte gemacht hatte, fiel im Strafraum. Mathieu Debuchy hatte den Franzosen leicht berührt, aber den Elfmeter hätte man nicht geben müssen. Der Gefoulte trat selbst an und verwandelte: einfach ab in die Mitte (61.). Bei den Spielern war der Kampfgeist geweckt und die Fans wieder in Europapokal-Trance. "Eine Stimmung wie nach dem 1:0 habe ich noch nie erlebt", sagte Abwehrspieler Jannes Horn später.
Köln kämpfte um jeden Meter, angepeitscht vom Publikum. Immer wieder feuerte Torwart Timo Horn - wenn er nicht im Einsatz war - die Anhänger zur lautstarken Unterstützung an. Die bekam das Team, und es war auch nötig. Denn die Gäste aus London erhöhten jetzt den Druck. Aber Köln brachte das Ergebnis über die Zeit. "Es macht Spaß, gegen Arsenal zu gewinnen, das ist der Wahnsinn", jubelte FC-Profi Jannes Horn. "Wir sind 96 Minuten ans Limit gegangen, Jetzt haben wir ein Endspiel, was gibt es Schöneres?"
Hoffen auf den ersten Bundesliga-Sieg
Am 7. Dezember spielt der FC auswärts im direkten Duell bei Roter Stern Belgrad um Platz zwei. Beide Teams haben derzeit sechs Punkte. Köln hat zwar mehr Tore erzielt, das Hinspiel gegen die Serben jedoch verloren. Bleibt die Frage: Rausch oder Kater? Selbstvertrauen für das so wichtige Spiel sollte sich Köln jetzt in der Bundesliga holen, wo der Klub nach zwölf Spieltagen immer noch auf den ersten Saisonsieg wartet. "Wir müssen den Schwung jetzt mit in die Liga nehmen. Wenn wir Arsenal schlagen können, dann können wir auch Hertha schlagen", so Jannes Horn.
Hertha und Hoffenheim raus
Apropos Hertha. Der Berliner Klub ist raus aus dem Europapokal. Das Team um Trainer Pal Dardai verlor bei Athletic Bilbao trotz zweimaliger Führung noch mit 2:3 (2:1). Die Tore von Mathew Leckie (26.) und David Selke (26) reichten nicht. Bilbao bekam zwei Elfmeter zugesprochen, die Aritz Aduriz (35., 66.) jeweils verwandelte. Das Siegtor erzielte Inaki Williams (82.). Auch Hoffenheim schaffte es nicht ins Achtelfinale - bei Sporting Braga gab es nur ein 1:3 (1:0). Marcelo Goano (1.) und Fransergio (82., 90+3) waren für den portugiesischen Klub erfolgreich, Mark Uth gelang der zwischenzeitliche Ausgleich (74.).