Köln wappnet sich für AfD-Parteitag
20. April 2017"Es wird ein Einsatz, der uns vor wirkliche Herausforderungen stellen wird", sagte Kölns Polizeipräsident Jürgen Mathies. Gleich mehrere Bündnisse haben zu Anti-AfD-Protesten aufgerufen. Sogar das Festkomitee Kölner Karneval plant eine Kundgebung für Vielfalt und Toleranz. Während sich die Karnevalisten am Rand der Innenstadt und damit in sicherer Entfernung vom Tagungshotel der Rechtspopulisten treffen, wird sich die Polizei auf den Bereich der Heumarkts im Herzen der Domstadt konzentrieren.
Die Kölner Polizei befürchtet vor allem eine Eskalation der Gewalt aus dem linksextremen Spektrum. "Wir machen uns große Sorgen", sagte Mathies. Man habe die Sicherheitsbehörden von Bund und Ländern um Unterstützung gebeten. Sie sollten möglichst schon die Anreise von Gewalttätern unterbinden.
Linksextreme rufen zu "Feuer statt Konfetti" auf
"Aktuelle Aufrufe der linksextremen Szene zur Verhinderung des AfD-Parteitages untermauern die uns vorliegenden Erkenntnisse, dass mehrere tausend Linksextreme nach Köln kommen werden - und dass sich nach unseren Erkenntnissen auch mehrere hundert gewaltbereite Personen darunter befinden", sagte Mathies. Er zitierte Aufrufe, in denen von "Feuer statt Konfetti" und einer "Hölle von Köln" die Rede war.
Die Polizei will rund um den Parteitag am Wochenende mehr als 4000 Beamte aufbieten, um die friedlichen Gegendemonstrationen zu schützen und den AfD-Parteitag zu ermöglichen. Es gehe schlichtweg um die Rechte einer nicht verbotenen Partei, die in mehreren Landtagen sitze, betonte Mathies. Er kritisierte vor allem das Bündnis "Solidarität statt Hetze". Es hatte angekündigt, für Blockaden notfalls auch Absperrungen überwinden zu wollen. Das trage nicht zur Deeskalation bei, sagte der Polizeipräsident.
NRW-Ministerpräsidentin Kraft will an Gegen-Demo teilnehmen
In Blickweite zum Ort des AfD-Kongresses wird auf dem zentralen Altstadtplatz der größte Bündniszusammenschluss "Köln stellt sich quer" demonstrieren - geplant ist unter anderem eine Art Musikdemo mit Lastwagen, aber auch Reden von Politikern wie Nordrhein-Westfalens Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) und Grünen-Chef Cem Özdemir.
Ebenfalls im Bereich des Heumarkts versammeln sich die Unterstützer des antifaschistischen Aktionsbündnisses "Köln gegen Rechts". An dieser Demonstration und den weiteren Protesten will auch Linken-Chefin Katja Kipping teilnehmen. Das Aktionsbündnis will laut Internetaufruf "der AfD den Bundesparteitag vermiesen und sich ihr aktiv entgegen stellen".
Das von der AfD gebuchte Tagungshotel soll am Wochenende einer Festung gleichen: Straßen am Rhein, der Rheinufertunnel und eine unmittelbar benachbarte Rheinbrücke bleiben gesperrt, das Hotel wird hermetisch abgeriegelt.
Terrorwarnung nach Anschlag auf BVB-Bus
Zudem sieht sich Kölns Polizei zusätzlich mit einer Terrordrohung konfrontiert. In einer E-Mail drohte zuletzt ein Unbekannter mit womöglich rechtsextremem Hintergrund, der Anschlag auf den Mannschaftsbus von Borussia Dortmund vergangene Woche sei eine "letzte Warnung" gewesen. Am 22. April, also am Samstag, werde "buntes Blut fließen". "Der Trupp Köln steht bereit."
Eine der gängigen Parolen gegen Rechts lautet "bunt statt braun"- vielleicht spielt der Mailverfasser mit seiner Drohung darauf an. Mathies zufolge steht weiter nicht fest, von wem die Mail stammt. Nach derzeitigem Erkenntnisstand werde durch die Drohmail die ohnehin hohe abstrakte Anschlagsgefahr aber "nicht weiter gesteigert", sagte der Polizeipräsident.
Durch die Großdemonstrationen dürfte in jedem Fall das öffentliche Leben in Teilen der Kölner Innenstadt massiv beeinträchtigt werden. Die Außengastronomie auf den Demoplätzen bleibt geschlossen, kleinere Einzelhändler mit Geschäften an den Demonstrationswegen wollen kurzfristig entscheiden, ob sie ihre Läden öffnen. Busse und Bahnen fahren in Teilen der City nur eingeschränkt.
Und selbst für Hochzeitspaare haben die Demos Konsequenzen: Wer am Samstag einen Trautermin im historischen Rathaus hat, wird von der Polizei zum Standesamt eskortiert. Und sollte es dort überhaupt kein Durchkommen geben, steht als Ausweich-Trauort das Bezirksrathaus im weit entfernten Köln-Porz zur Verfügung.
myk/sti (dpa, afp)