Kölner Archiv-Einsturz: Bauleiter verurteilt
7. Februar 2019Das Kölner Landgericht folgte in dem Verfahren um das eingestürzte Archivgebäude dem Strafmaßantrag der Staatsanwaltschaft. Diese hatte auf eine einjährige Bewährungsstrafe wegen fahrlässiger Tötung plädiert, weil der Angeklagte beim Bau einer U-Bahn-Haltestelle vor dem Archivgebäude seine Überwachungspflichten verletzt habe.
Der Hauptprozess um den Archiveinsturz gegen vier Angeklagte war im Oktober 2018 zu Ende gegangen. Drei Angeklagte wurden damals freigesprochen und ein Angeklagter wegen fahrlässiger Tötung zu acht Monaten Haft auf Bewährung verurteilt. Die Kammer sah es nach 48 Hauptverhandlungstagen als erwiesen an, dass der Einsturz des Stadtarchivgebäudes von Anfang März 2009 eindeutig und zweifelsfrei auf einen gravierenden Fehler beim Bau der U-Bahn - in diesem Fall der Herstellung der Schlitzwand für das Gleiswechselbauwerk Waidmarkt - zurückzuführen sei. Der verurteilte Angeklagte hatte es nach Ansicht der Kammer unterlassen, seine Überwachungspflichten zu erfüllen.
Der zweite Strafprozess war durch Aussagen eines Angeklagten, der im ersten Prozess freigespochen wurde, ins Rollen gekommen. Dieser hatte im Laufe der Verhandlung den nun verurteilten Oberbauleiter belastet.
Zwei Todesopfer
Das Gebäude des Kölner Stadtarchivs war am 3. März 2009 bei U-Bahnbauarbeiten in der Kölner Südstadt eingestürzt und hatte zwei Nachbarhäuser mit in die Tiefe gerissen. In einem dieser Häuser kamen zwei junge Männer ums Leben. Fast 40 weitere Menschen verloren ihre Wohnungen. Bei dem Einsturz entstand ein Sachschaden in Milliardenhöhe, große Mengen Archivalien wurden verschüttet.
Das Stadtarchiv galt bis zu seinem Einsturz als größtes Kommunalarchiv nördlich der Alpen. Es beherbergte Originaldokumente aus mehr als tausend Jahren Kölner und rheinischer Geschichte. 95 Prozent der Dokumente konnten an der Unglücksstelle geborgen werden. Derzeit entsteht ein Neubau für das Stadtarchiv, der bis 2020 fertig sein soll.
Die Verteidiger des Angeklagten kündigten an, gegen das neue Urteil in Revision zu gehen. Die Arbeitsgemeinschaft der am U-Bahn-Bau beteiligten Baufirmen (Arge) teilte mit, sie könne das Urteil nicht nachvollziehen. Aus ihrer Sicht sei die Einsturzursache bislang nicht eindeutig geklärt.
Bei der strafrechtlichen Aufarbeitung der Katastrophe stand die Justiz unter Zeitdruck: Zehn Jahre nach dem Einsturz - also in dreieinhalb Wochen - wäre die sogenannte absolute Verjährung eingetreten. Ab diesem Zeitpunkt kann niemand mehr für den Archiveinsturz strafrechtlich belangt werden.
kle/uh (afp, dpa, epd)