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La Réunion will Internetknoten werden

Lisa Louis z.Zt. La Réunion
5. Januar 2022

Ein Firmen-Konsortium will aus dem französischen Überseeterritorium La Réunion einen globalen Digitalhub machen. Das könnte auch der gebeutelten lokalen Wirtschaft helfen.

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Frankreich Natur l Insel La Réunion
Viel Natur: La Rèunion Bild: Lisa Louis/DW

Das französische Überseeterritorium La Réunion im indischen Ozean ist vor allem als Tropenparadies bekannt. Es lockt mit traumhaften Stränden und üppigen grünen Gebirgslandschaften. 42 Prozent seiner Fläche gehören zum UNESCO-Weltkulturerbe.

Bald könnte die Insel zudem für die digitale Welt bedeutend werden, denn ein internationales Konsortium will hier einen zentralen Internetknoten, einen sogenannten globalen digitalen Hub aufbauen. Wenn das klappt, könnte die Entwicklung dazu beitragen, die chronisch hohe Arbeitslosigkeit zu senken. Jedenfalls zu einem gewissen Grad, meinen Ökonomen.

Erste Schritte sind bereits getan: So haben die Unternehmen im Frühjahr 2021 ein Internetkabel verlegt, das 24-mal schneller ist als die bis dahin existierenden digitalen Verbindungen zur Außenwelt. "Das Internet auf La Réunion ist das zweitschnellste in Frankreich, gleich hinter dem in Paris. Es hat einfach Sinn gemacht, die Insel besser an die Außenwelt anzubinden", sagt Nassir Goulamaly, Generaldirektor des Konzerns Océinde mit Sitz in Le Port auf La Réunion, zu DW. Océindes Tochtergesellschaft Zéop hat zusammen mit anderen Unternehmen 50 Millionen Euro in das neue Internetkabel investiert. Das Metiss genannte Kabel hat eine Übertragungskapazität von 24 Terabit und verbindet La Réunion, Madagaskar und Mauritius mit Südafrika.

Nassir Goulamaly, CEO at Océinde
Nassir Goulamaly will den Ausbau La Réunions zu einem globalen Internetknotenpunkt vorantreibenBild: Sandy Palenzuela

"Wir planen außerdem noch ein weiteres Kabel, das unsere Insel mit Indien vernetzen wird - dafür werden wir 120 Millionen Euro investieren", erklärt Goulamaly. Zudem will der Unternehmer riesige Datenzentren auf La Réunion bauen. Dafür hofft er auf private Investoren. "Wir sind schon im Gespräch mit internationalen Akteuren, die bis zu eine Milliarde Euro investieren könnten."

Digitaler Hub: Europa im indischen Ozean

Dass La Réunion als Digitalhub mit High-Speed-Internet-Anbindungen und Datenzentren Unternehmen anlocken wird, liegt für den Geschäftsmann auf der Hand. "Es gibt bisher weltweit fünf digitale Hubs. Zwei befinden sich in den USA, zwei in Asien, einer im französischen Marseille. Aber im indischen Ozean gibt es ein digitales Loch - La Réunion könnte daher ein idealer Standort für einen sechsten Hub sein", sagt Goulamaly. Auch weil die Insel zur Europäischen Union gehöre und hier die europäischen Standards für Datensicherung gelten würden. Außerdem gebe es hervorragende Ausbildungsmöglichkeiten, qualifizierte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und eine erstklassige Gesundheitsversorgung. Solche Argumente, hofft Goulamaly, könnten gar Internetgiganten wie Google, Apple, Facebook oder Amazon überzeugen.

Bereits überzeugt haben sie schon Béatrice Goujon. Sie ist Gründerin des Unternehmens Logipren und hat eine Internetplattform entwickelt, die die Dosierung von Medikamenten für Neugeborene berechnet - denn jede sechste Verschreibung für Babys sei eine schädliche Überdosis, so die ausgebildete Kinderärztin.

Als Standort ihres Projektes hat Goujon La Réunion gewählt - nicht Kontinentalfrankreich. "Das Internet hier ist genauso schnell wie auf dem Festland, und es gibt hochqualifiziertes Personal für unsere Manager- und Ingenieursposten. Außerdem gewährt uns die lokale Regierung einen Rabatt auf die Lohnnebenkosten", erklärt sie im Gespräch mit der DW.

Béatrice Goujon, CEO von Logipren
Béatrice Goujon hat auf La Réunion eine Internetplattform gegründet Bild: Sandy Palenzuela

Ihr 2016 gegründetes Unternehmen ist inzwischen rentabel und macht einem Umsatz von 2,7 Millionen Euro im Jahr 2021. Bald wird die Plattform auch in marokkanischen, spanischen und belgischen Krankenhäusern verfügbar sein. Verhandlungen mit britischen Kliniken sind im Gange.

Allerdings wird es für Goujon langsam schwer, qualifizierte Programmierer auf La Réunion zu finden. Allein 2021 hat das Unternehmen 15 zusätzliche Stellen geschaffen - insgesamt beschäftigt Logipren nun 40 Personen. "Für uns wäre es deshalb wirklich positiv, wenn die Insel zum Digitalhub würde", sagt sie. "Das würde bestimmt mehr IT-Spezialisten anziehen."

Schon jetzt mehr Interesse von Investoren

Laut Stéphane Colombel ist La Réunion tatsächlich bereits stärker ins Blickfeld digitaler Unternehmen gerückt. Colombel ist Präsident des Branchenverbands Digital Reunion, der einen Sektor mit rund 500 Unternehmen und 5000 Arbeitnehmern vertritt. "Wir haben mehr und mehr Informationsanfragen von interessierten Investoren", erläutert er Besuchern Anfang Dezember auf der jährlichen Digitalmesse NXSE in der Inselhauptstadt Saint-Denis .

Die Messe fand bereits zum sechsten Mal statt. Im Vergleich zum ersten Jahr hatte sich die Zahl der Teilnehmer auf 900 verdreifacht. Der Bau von Datenzentren würde die Attraktivität der Insel erhöhen glaubt Colombel. "Natürlich sind wir inzwischen mit anderen Ländern digital verbunden, aber es ist immer gut, große Datenmengen auch lokal speichern zu können - das gibt zusätzliche Sicherheit", meint er.

Digitaler Schub für die Wirtschaft

Generell könnten die digitalen Pläne der Insel mit den rund 900.000 Einwohnern zu wirtschaftlichem Aufschwung verhelfen, meint Philippe Jean-Pierre, Professor für Ökonomie an der Universität Saint-Denis in La Réunion. Die Arbeitslosigkeit liege bei 18 Prozent - das sei doppelt so hoch wie im französischen Durchschnitt. "Im digitalen Sektor könnten mehrere Tausend Stellen geschaffen werden, die auch indirekt Jobs in der Wirtschaft generieren würden", sagt er im Gespräch mit DW.

Philippe Jean-Pierre, Professor für Ökonomie an der Universität von Saint-Denis
Philippe Jean-Pierre, Professor für Ökonomie an der Universität von Saint-DenisBild: Sandy Palenzuela

Ein Allheilmittel sei der Aufbau eines digitalen Hubs in La Réunion aber nicht. "Nicht alle unsere Arbeitslosen würden dadurch in den nächsten fünf oder zehn Jahren Stellen finden - schließlich haben viele von ihnen in der Vergangenheit in traditionellen Sektoren gearbeitet und können nicht einfach von heute auf morgen für den Internetsektor umgeschult werden", so Jean-Pierre.