Labour gewinnt Parlamentswahlen in Großbritannien
6. Mai 2005"Zum dritten Mal gewählt zu werden, ist fantastisch", sagte Blair am Freitag (6.5.2005). "Ich bin sehr stolz." Der Tag sei "historisch". Ihm sei aber auch klar, dass die Wähler seine Mehrheit im Parlament verkleinert hätten. "Ich weiß, dass der Irak ein strittiges Thema in Großbritannien ist. Aber ich hoffe, dass wir uns wieder zusammenraufen und nach vorn schauen können." Blair ist der erste Labour-Premierminister in der 105-jährigen Parteigeschichte, der für eine dritte Amtszeit gewählt wurde.
Geschrumpfte Mehrheit
Teilergebnissen vom Freitag zufolge dürfte Labour über eine Mehrheit von nur noch bis zu 70 Sitzen verfügen nach 161 Sitzen bei der Wahl 2001. Mit etwa 36 Prozent erreichte die Labour-Partei damit aber das niedrigste Ergebnis, das jemals von einer siegreichen Partei bei einer Parlamentswahl in dem Land markiert worden ist. Doch da in Großbritannien das Mehrheitswahlrecht gilt, ist das zweitrangig.
Nach der Auszählung von 645 Stimmbezirken hatte Labour 356 der 646 Sitze, die Konservativen 197 und die Liberaldemokraten 62. Andere Parteien erhalten mindestens zwölf Sitze. Die absolute Mehrheit ist erreicht, wenn eine Partei den 324. Sitz zugesprochen bekommt. Bei der Wahl 2001 hatte Labour 412 Sitze erhalten, die Konservativen 166 und die Liberaldemokraten 52.
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Bei den Konservativen führte das Wahlergebnis zu ersten personellen Konsequenzen: Blairs konservativer Herausforderer, Tory-Chef Michael Howard, kündigte mit Hinweis auf sein Alter seinen Rücktritt an. "Da ich die nächsten Wahlen nicht bestreiten kann, denke ich, dass es für mich besser ist, lieber früher als später abzutreten", sagte der 63-Jährige. Er werde den Parteivorsitz räumen, wenn geklärt sei, wann und wie ein Nachfolger bestimmt werden solle.
Brown als Nachfolger gehandelt
In seinem nordostenglischen Wahlkreis Sedgefield gewann Blair mit 24.421 Stimmen und kam damit auf einen Anteil von 58,9 Prozent, sechs Prozentpunkte weniger als 2001. Sedgefield hält Blair seit 1983. Der britische Finanzminister Gordon Brown verteidigte ebenso wie Außenminister Jack Straw seinen Wahlkreis für die Labour-Partei. Brown erhielt im schottischen Bezirk Kirkcaldy/Cowdenbeath 58 Prozent der Stimmen. Außenminister Straw wurde im mittelenglischen Blackburn erneut ins Unterhaus gewählt. In London wird spekuliert, dass Blair bereits in der Mitte der neuen Legislaturperiode das Amt des Premierministers an Brown übergeben könnte.
In London verlor Labour einen Wahlkreis an George Galloway, der vor zwei Jahren wegen seiner harschen Kritik am Irakkrieg aus der Partei ausgeschlossen worden war. Galloway, der jetzt für seine eigene Partei ins Unterhaus einziehen wird, wandte sich in seiner Siegesrede an Blair: "Mr. Blair, das ist für den Irak!"
Thema Irak kostete Stimmen
Die Labour-Partei hatte vor der Wahl in allen Umfragen vorne gelegen. Bereits im Vorfeld war erwartet worden, dass die Partei ihre erdrutschartigen Siege in den Wahlen von 1997 und 2001 nicht wiederholen konnte. Blairs Eintreten für Großbritanniens Engagement im Irak kostete ihm bei der Wählerschaft viel Sympathie. Howards Konservative konnten davon nicht profitieren, weil auch sie die Beteiligung am Irak-Krieg befürwortet hatten. Allein Charles Kennedys Liberaldemokraten lehnten den Krieg von vornherein ab.
Blair und seine Wahlkampfstrategen hatten das stabile Wirtschaftswachstum und die seit 30 Jahren niedrigste Arbeitslosenrate in den Mittelpunkt ihres Wahlkampfs gestellt. Die Arbeitslosenquote liegt bei nur 2,7 Prozent, das Wirtschaftswachstum bei 3,1 Prozent. Für die Opposition waren dies schwer zu schlagende Argumente. Der 63-jährige Tory-Chef Howard setzte im Wahlkampf vor allem auf das Thema Einwanderung und kam mit Vorschlägen zu einer drastischen Verschärfung der Gesetze hervor. Das Thema Europa spielte keine große Rolle.
Schröder gratuliert
Die britischen Medien rechnen nun mit einer schnellen Kabinettsumbildung. Nach BBC-Informationen wird der ehemalige Innenminister David Blunkett in die Regierung zurückkehren. Als möglicher neuer Außenminister wird der derzeitige Gesundheitsminister John Reid gehandelt.
Bundeskanzler Gerhard Schröder hat Blair bereits zu dessen drittem Wahlsieg in Folge gratuliert. Mit Blick auf Blairs 52. Geburtstag am Freitag übermittelte Schröder herzliche Glückwünsche: "Ich denke, mit deinem Wahlsieg hast du dir selbst das größte Geburtstagsgeschenk gemacht." (stl)