Leipzig macht das Rennen
12. April 2003"Irrsinn, es ist ein grandioser Tag für Deutschland, ein großer Tag für den deutschen Sport", jubelte Leipzigs Bürgermeister Wolfgang Tiefensee als Vater des nicht für möglich gehaltenen Triumphes, der im vierten Durchgang mit 81:51 Stimmen sehr deutlich ausfiel. Mit Hamburg unterlag im Finale des Fünf-Städte-Kampfes die international chancenreichste deutsche Stadt, die auch von der NOK-Prüfungskommission die besten Noten erhalten hatte. Leipzig war in dieser Wertung die Nummer zwei.
Vier Wahlgänge
In vier Wahlgängen war zuerst Stuttgart, dann Frankfurt/Main und schließlich Düsseldorf in dem K.o.-Rennen um die absolute Mehrheit der Stimmen ausgeschieden. Bei der Abstimmung über den Austragungsort der Segelregatten wurde Kiel zum großen Verlierer im Wahlroulette. Rostock hatte sich gleich im ersten Durchgang mit der absoluten Mehrheit von 69 Stimmen (von 131) gegen die Mitbewerber Kiel, Cuxhaven, Lübeck und Stralsund durchgesetzt.
Vor der Abstimmung hatte Bürgermeister Tiefensee die NOK-Mitglieder gebeten, für ein zweites Wunder nach der Wiedervereinigung zu sorgen. Tatsächlich sammelte die sächsische Metropole nicht zuletzt wegen ihrer emotionalen und Sympathie erzeugenden Präsentation die wohl entscheidenden Punkte. Ausschlaggebend für den Sieg Leipzigs war nicht zuletzt die massive Unterstützung einer Reihe prominenter Politiker. So warb Altbundespräsident Richard von Weizsäcker vor den 73 NOK-Mitgliedern für die Messestadt mit ihrer großen Sporttradition.
Gute Chancen
Bundeskanzler Gerhard Schröder (Foto), der gemeinsam mit NOK-Präsident Klaus Steinbach und Bundesinnenminister Otto Schily die Proklamation der Sieger vornahm, sagte: "Ich glaube, dass die beiden Städte zu Recht gewonnen haben. Ich bin mir sicher, dass auch das IOC von ihnen beeindruckt sein wird." Schröder sagte zu, dass die Bundesregierung tun werde, was sie kann, damit die Bewerbung ein Erfolg wird.
Der Präsident des Internationalen Olympischen Komitees (IOC), Jacques Rogge, bescheinigte Deutschland, Leipzig und Rostock eine gute Chance im internationalen Ausscheidungsrennen. "Auch andere kleine Städte haben Olympische Spiele gehabt wie beispielsweise Lillehammer und Helsinki", sagte der Belgier, "wir wollen den Gigantismus reduzieren."
Große Konkurrenz
Das deutsche NOK muss nun bis zum 15. Juli seine offizielle Bewerbung beim IOC einreichen. Leipzig sieht sich danach großer internationaler Konkurrenz gegenüber. Als Bewerber stehen bereits New York und Madrid fest. Das IOC rechnet noch mit rund einem halben Dutzend Bewerbungen, darunter Paris, London, Moskau, Budapest, Toronto und Rio de Janeiro.
Im Juni des nächsten Jahres wählt die IOC-Exekutive fünf bis sechs Bewerber aus und erhebt sie zu offiziellen Kandidaten. Die IOC-Vollversammlung vergibt dann am 6. Juli 2005 in Singapur das nächste Olympia-Fest nach den Spielen in Athen 2004 und Peking 2008.
Siebte Bewerbung
Neben Schröder und Schily waren mit Peer Steinbrück, Roland Koch, Ole von Beust, Georg Milbradt und Erwin Teufel auch die Ministerpräsidenten der Bewerberstädte bei dem Wahlspektakel dabei. Der Ballsaal des Hilton Hotels war ein Tummelplatz für Prominenz aus Sport und Politik, wie es ihn in der NOK-Geschichte noch nie gegeben hatte.
Mit Leipzig bewirbt sich Deutschland zum siebten Mal um Sommerspiele. Berlin war für 1908, 1912 und 2000 gescheitert und hatte für die dem ersten Weltkrieg zum Opfer gefallenen Spiele 1916 sowie für 1936 den Zuschlag erhalten. München war 1972 Gastgeber der Olympische Spiele. (dpa)