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Plattform für Meinungsfreiheit

Sabine Peschel 16. März 2016

In Leipzig startet die renommierte Buchmesse. Sie stellt sie sich offensiv der aktuellen Debatte um Zuwanderung und Integration und setzt ganz bewusst ein Zeichen für Menschenrechte und Meinungsfreiheit.

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Dichtgedrängt gehen Besucher über die Buchmesse
Bild: picture-alliance/dpa/J. Woitas

Zur Eröffnung lag auf jedem der 1900 Plätze im Gewandhaus ein Plakat zum Hochhalten mit der Mahnung "Für das Wort und die Freiheit". "Wir möchten damit zeigen, dass es uns nicht egal ist, wenn unsere Werte in Misskredit gezogen werden", sagte Heinrich Riethmüller, der Vorsteher vom Börsenverein des Deutschen Buchhandels, in seiner Auftaktrede. Man brauche ein Gegengewicht zu denen, die politisch fordern, ohne Lösungen anzubieten und zu denjenigen, die plakativer Propanda hinterherliefen und dabei so viel lauter seien als die Nachdenklichen in der Gesellschaft. Die einzigartige Verlags- und Literaturlandschaft in Deutschland gehöre zu den Grundpfeilern der Demokratie.

Wenn in Leipzig die Buchmesse ihre Pforten zum viertägigen Literaturmarathon öffnet, ist das, wie alljährlich Mitte März, der Auftakt in das neue Bücherjahr. In diesem Jahr wird die deutsche und vielleicht auch eine internationale Öffentlichkeit besonders aufmerksam auf die sächsische Messe- und Verlagsstadt blicken: Sachsen fällt in den letzten Monaten besonders durch fremdenfeindliche Aktionen auf.

Die Messe, traditionell immer ein Ort für den Austausch mit fremden Völkern, sieht sich im Spannungsfeld der gesellschaftlichen Diskussionen um das Thema Asylbewerber. Noch bis Mitte Dezember waren in einer ihrer Hallen bis zu 1800 Flüchtlinge untergebracht. Inzwischen sind sie in kleinere, auf dem Messegelände speziell für die Neuankömmlinge errichtete Hallen umgezogen. "Ruhe möchte man ihnen gönnen", sagt Martin Buhl-Wagner, Geschäftsführer der Leipziger Messe, "Zeit anzukommen, die bürokratischen Abläufe zu verstehen, aber auch, was wir von ihnen erwarten."

Die Messe - ein Ort der Debatte

Zuwanderung und Integration bilden folgerichtig ein Schwerpunktthema der diesjährigen Leipziger Buchmesse - ein Gastland gibt es diesmal nicht. Inhaltlich greift sie das Thema unter dem Gesichtspunkt der Meinungsfreiheit auf, die notwendige Debatte gehe weit über das Thema Flüchtlinge hinaus. "Meinungsfreiheit ist die Grundlage für internationales Handeln, für unser Geschäft, nur offene Gespräche können dazu führen, dass man über Grenzen hinweg tätig wird", stellt der Messechef fest. Im Vorfeld der Messe hatte es Kritik daran gegeben, dass mit dem Magazin "Compact" und dem Verlag "Junge Freiheit" auch Aussteller mit antidemokratischen und fremdenfeindlichen Tendenzen zugelassen seien. Als Plattform für Meinungen und Debatten müsse sich die Buchmesse, so lange keine rassistischen Äußerungen fielen, auch dieser Diskussion stellen, so Buhl-Wagner.

Logo: Vorsicht Buch
Bild: picture-alliance/dpa/J. Woitas

"Für das Wort und die Freiheit"

Auch für den Börsenverein des Deutschen Buchhandels steht das Thema Meinungsfreiheit im Fokus. Hauptgeschäftsführer Alexander Skipis sieht die weltweite Entwicklung mit Sorge. Gemeinsam mit dem Deutschen Schriftstellerverband PEN und der Leipziger Buchmesse plant sein Verein während der Messe verschiedene Aktionen zur Unterstützung verfolgter oder inhaftierter Schriftsteller, Medienschaffender, Internet-Aktivisten und Buchhändler - wie Raif Badawi in Saudi-Arabien -, vom chinesischen Geheimdienst bedrohter Verlagsmitarbeiter in Hongkong oder unterdrückter Medien in der Türkei.
In Bezug auf den politischen Flüchtlings-Deal zwischen der Europäischen Union und der Türkei wird Skipis deutlich: "Wir dürfen uns unsere Werte nicht abkaufen lassen." Unter dem Motto "Für das Wort und die Freiheit" solle die Leipziger Messe mit Diskussionen und demonstrativen Handlungen für das Menschenrecht der Meinungs- und Pressefreiheit eintreten.

Alexander Skipis vor dem Plakat "Für das Wort und die Freiheit"
Alexander Skipis macht sich Sorgen um die Meinungsfreiheit weltweitBild: picture-alliance/dpa/H. Schmidt

"Leipzig liest" - und "Europa 21" debattiert Zukunftsszenarien

Die Leipziger Buchmesse gilt als Präsentationsforum vor allem für deutschsprachige Verlage und Autoren. Mit 2250 Ausstellern beteiligen sich 2016 ähnlich viele wie im letzten Jahr. Die Manga-Comic-Convention zieht besonders junge Leute an. Und "Leipzig", wie ihre Liebhaber die Messe freundlich titulieren, ist auch ein großes Lesefest. "Leipzig liest" in diesem Jahr bereits in der 25. Auflage, mit 3200 Mitwirkenden und 3000 Veranstaltungen an vielen Orten der Stadt.

Das Thema Flucht und Fluchtursachen, Willkommenskultur und Fremdenangst ist auch bei den Autorenlesungen stark vertreten. "Es bewegt alle Teile der Gesellschaft", sagt Oliver Zille, Direktor der Leipziger Buchmesse. Er freut sich deshalb über den von der Bosch-Stiftung geförderten Programmschwerpunkt "Europa 21". Mehr als 200 Intellektuelle und Künstler wollen sich in diesem "Denk-Raum für die Gesellschaft von morgen" engagieren und ihre Analysen und Erfahrungen in die Debatte um Zukunftsszenarien zu Zuwanderung und Integration einbringen.

Veränderungsprozess als Chance

In diesem Bücherfrühling ist alles anders: Die gesellschaftliche Diskussion steht im Vordergrund der Messe; Neuheiten wie ein Treffen der Buchblogger, eine "Netzwerkfläche" für Autoren, Leser und Blogger, die Thementouren für Schulklassen dürften interessante Begleiterscheinungen bleiben. Die Branche könne jedoch selbstbewusst und optimistisch in die Zukunft blicken, findet Alexander Skipis.

Während die Buchbranche im vorigen Jahr noch vor den Gefahren durch das transatlantische Handelsabkommen TTIP und einer möglicherweise drohenden Aufhebung der Buchpreisbindung in Deutschland warnte, sei mittlerweile eine Zäsur in dem durch die Digitalisierung ausgelösten Veränderungsprozess erreicht: E-Books und Onlinehandel hätten den Buchmarkt zwar verändert, aber für die Verlage und den Handel sei das inzwischen mehr Chance als Bedrohung. Auch das - parallel zum Messeauftakt - nach Protesten der Branche neue entworfene Urhebervertragsrecht sei auf dem richtigen Weg. "Wir können das schaffen, auch wenn die Umsätze im letzten Jahr um 1,7 Prozent zurückgegangen sind." Merkels "Wir schaffen das" klingt in Skipis Worten sicherlich nicht zufällig an.

Messechef Oliver Zille
Buchmesse-Direktor Oliver Zille und sein Team haben den Besuchern einiges zu bietenBild: picture-alliance/dpa/H. Schmidt

Zur Eröffnung lag auf jedem der 1900 Plätze im Gewandhaus ein Plakat zum Hochhalten mit der Mahnung "Für das Wort und die Freiheit". "Wir möchten damit zeigen, dass es uns nicht egal ist, wenn unsere Werte in Misskredit gezogen werden", sagte Heinrich Riethmüller, der Vorsteher des Deutschen Buchhandels, in seiner Auftaktrede. Die einzigartige Verlags- und Literaturlandschaft in Deutschland gehöre zu den Grundpfeilern der Demokratie.

Wenn in Leipzig die Buchmesse ihre Pforten zum viertägigen Literaturmarathon öffnet, ist das, wie alljährlich Mitte März, der Auftakt in das neue Bücherjahr. In diesem Jahr wird die deutsche und vielleicht auch eine internationale Öffentlichkeit besonders aufmerksam auf die sächsische Messe- und Verlagsstadt blicken: Sachsen fällt in den letzten Monaten besonders durch fremdenfeindliche Aktionen auf.

Die Messe, traditionell immer ein Ort für den Austausch mit fremden Völkern, sieht sich im Spannungsfeld der gesellschaftlichen Diskussionen um das Thema Asylbewerber. Noch bis Mitte Dezember waren in einer ihrer Hallen bis zu 1800 Flüchtlinge untergebracht. Inzwischen sind sie in kleinere, auf dem Messegelände speziell für die Neuankömmlinge errichtete Hallen umgezogen. "Ruhe möchte man ihnen gönnen", sagt Martin Buhl-Wagner, Geschäftsführer der Leipziger Messe, "Zeit anzukommen, die bürokratischen Abläufe zu verstehen, aber auch, was wir von ihnen erwarten".

Plattform für Meinungen

Zuwanderung und Integration bilden folgerichtig ein Schwerpunktthema der diesjährigen Leipziger Buchmesse - ein Gastland gibt es diesmal nicht. Inhaltlich greift sie das Thema unter dem Gesichtspunkt der Meinungsfreiheit auf, die notwendige Debatte gehe weit über das Thema Flüchtlinge hinaus. "Meinungsfreiheit ist die Grundlage für internationales Handeln, für unser Geschäft, nur offene Gespräche können dazu führen, dass man über Grenzen hinweg tätig wird", stellt der Messechef fest. Im Vorfeld der Messe hatte es Kritik daran gegeben, dass mit dem Magazin "Compact" und dem Verlag "Junge Freiheit" auch Aussteller mit antidemokratischen und fremdenfeindlichen Tendenzen zugelassen seien. Als Plattform für Meinungen und Debatten müsse sich die Buchmesse, so lange keine rassistischen Äußerungen fielen, auch dieser Diskussion stellen, so Buhl-Wagner.

Deutschland Logo Leipziger Buchmesse 2016

"Für das Wort und die Freiheit"

Auch für den Börsenverein des Deutschen Buchhandels steht das Thema Meinungsfreiheit im Fokus. Hauptgeschäftsführer Alexander Skipis sieht die weltweite Entwicklung mit Sorge. Gemeinsam mit dem Deutschen Schriftstellerverband PEN und der Leipziger Buchmesse plant sein Verein während der Messe verschiedene Aktionen zur Unterstützung verfolgter oder inhaftierter Schriftsteller, Medienschaffende, Internet-Aktivisten und Buchhändler - wie Raif Badawi in Saudi-Arabien, vom chinesischen Geheimdienst bedrohte Verlagsmitarbeiter in Hongkong oder unterdrückte Medien in der Türkei.

In Bezug auf den politischen Flüchtlings-Deal zwischen der Europäischen Union und der Türkei wird Skipis deutlich: "Wir dürfen uns unsere Werte nicht abkaufen lassen." Unter dem Motto "Für das Wort und die Freiheit" solle die Leipziger Messe mit Diskussionen und demonstrativen Handlungen für das Menschenrecht der Meinungs- und Pressefreiheit eintreten.

Deutschland Leipziger Buchmesse 2016 Oliver Zille
Bild: picture-alliance/dpa/J. Woitas

"Leipzig liest" - und "Europa 21" debattiert Zukunftsszenarien

Die Leipziger Buchmesse gilt als Präsentationsforum, vor allem für deutschsprachige Verlage und Autoren. Mit 2250 Ausstellern beteiligen sich 2016 ähnlich viele wie im letzten Jahr. Die Manga-Comic-Convention zieht besonders viele junge Leute an. Und "Leipzig", wie ihre Liebhaber die Messe freundlich titulieren, ist auch ein großes Lesefest. "Leipzig liest" findet in diesem Jahr bereits in der 25. Auflage statt, mit 3200 Mitwirkenden und 3000 Veranstaltungen an vielen Orten der Stadt.

Das Thema Flucht und Fluchtursachen, Willkommenskultur und Fremdenangst ist auch bei den Autorenlesungen stark vertreten. "Es bewegt alle Teile der Gesellschaft", sagt Oliver Zille, Direktor der Leipziger Buchmesse. Er freut sich deshalb über den von der Bosch-Stiftung geförderten Programmschwerpunkt "Europa 21". Mehr als 200 Intellektuelle und Künstler wollen sich in diesem "Denk-Raum für die Gesellschaft von morgen" engagieren und ihre Analysen und Erfahrungen in die Debatte um Zukunftsszenarien zu Zuwanderung und Integration einbringen.

Veränderungsprozess als Chance

In diesem Bücherfrühling ist alles anders: Die gesellschaftliche Diskussion steht im Vordergrund der Messe; Neuheiten wie ein Treffen der Buchblogger, eine "Netzwerkfläche" für Autoren, Leser und Blogger, die Thementouren für Schulklassen dürften interessante Begleiterscheinungen bleiben. Die Branche könne jedoch selbstbewusst und optimistisch in die Zukunft blicken, findet Alexander Skipis.

Während die Buchbranche im vorigen Jahr noch vor den Gefahren durch das transatlantische Handelsabkommen TTIP und einer möglicherweise drohenden Aufhebung der Buchpreisbindung in Deutschland warnte, sei mittlerweile eine Zäsur in dem durch die Digitalisierung ausgelösten Veränderungsprozess erreicht: E-Books und Onlinehandel hätten den Buchmarkt zwar verändert, aber für die Verlage und den Handel sei das inzwischen mehr Chance als Bedrohung. Auch das - parallel zum Messeauftakt - nach Protesten der Branche neue entworfene Urhebervertragsrecht sei auf dem richtigen Weg. "Wir können das schaffen, auch wenn die Umsätze im letzten Jahr um 1,7 Prozent zurückgegangen sind." Merkels "Wir schaffen das" klingt in Skipis Worten sicherlich nicht zufällig an.