Letzte Ruhestätte für Gaddafi
25. Oktober 2011In den frühen Morgenstunden wurde der gestürzte Machthaber Muammar al-Gaddafi beigesetzt. Das beichtet der arabische Sender Al Dschasira an diesem Dienstag (25.10.2011) unter Brufung auf Vertreter des libyschen Übergangsrats. Von ihnen hatte es zuvor geheißen, es solle ein einfaches Begräbnis werden. An einem geheimen Ort in der Wüste, so wurde unter der Hand erzählt, solle der am vergangenen Donnerstag gestürzte Machthaber Muammar al-Gaddafi seine letzte Ruhe finden.
Die Beisetzung solle nach islamischem Ritus verlaufen im Beisein muslimischer Kleriker. Auch Gaddafis Sohn Motassim werde mit seinem Vater beigesetzt. Mit dem Stamm des ehemaligen Herrschers habe keine Einigung über eine Überstellung der Leichname erzielt werden können, heißt es.
Schwur auf den Koran
Offiziell hat sich der Übergangsrat dazu nicht geäußert. Die amtierende Regierung des von ihr als "befreit" erklärten arabischen Landes will verhindern, dass die Grabstätte des verhassten Despoten zu einem Pilgerort wird. Alle an der Beisetzung Beteiligten müssten auf den Koran schwören, den Ort niemals preiszugeben, heißt es.
Der Leichnam Gaddafis und der seines Sohnes Motassim waren tagelang in einem Kühlraum in der Stadt Misrata zur Schau gestellt worden. Dort spielten sich zuweilen bedrückende Szenen ab, wenn Schaulustige kamen und den am Boden liegenden leblosen Körper des Tyrannen berührten oder ihm auch einen Fußtritt versetzten.
Verbündete sind befremdet
Nach islamischer Tradition müssen Muslime innerhalb von 24 Stunden nach ihrem Tod beigesetzt werden. Bei den ausländischen Verbündeten des Übergangsrates löste die Ausstellung der verwesenden Körper Befremden aus.
Unklar ist nach wie vor, unter welchen Umständen Gaddafi getötet wurde. Nach Darstellung des Übergangsrates wurde der 69-Jährige zunächst in seiner Heimatstadt Sirte von Milizen des Übergangsrates gefangen genommen. Beim anschließenden Auto-Transport nach Misrata sei er in ein Feuergefecht zwischen Gaddafi-treuen Soldaten und Rebellen geraten und von einer Kugel tödlich getroffen worden.
Untersuchungskommission
Dagegen gibt es aber auch immer mehr Vermutungen, die sich auch auf Videoaufnahmen stützen, dass Kämpfer des Übergangsrates den Diktator nach seiner Gefangennahme gezielt erschossen. Der Druck wurde schließlich so groß, dass der Chef des Übergangsrates, Mustafa Abdul Dschalil, eine Untersuchungskommission einberief, die die Vorfälle klären soll.
Neue Nahrung erhielten die Zweifel zuletzt durch einen Bericht der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch. Darin werden Anhaltspunkte für ein Massaker unter 53 Gaddafi-Getreuen in Sirte aufgelistet. Bei einigen der Toten seien die Arme mit Plastikbändern hinter dem Rücken zusammengebunden.
Kriegsverbrechen der Rebellen
Mit Hilfe von Bewohnern der Umgebung konnten einige der Männer als örtliche Gaddafi-Kader und -Anhänger identifiziert werden. Die Leichen lagen auf einem Grundstück nahe einem Hotel, das zum Zeitpunkt des Todes der Männer von Rebellen kontrolliert worden war. Blutspuren, Einschüsse im Grasboden und die Verteilung der Geschosshülsen deuteten darauf hin, dass die meisten Opfer gemeinsam an dieser Stelle erschossen worden seien, heißt es in dem Bericht.
Sollte sich die Darstellung bestätigen, wäre dies das schwerste Kriegsverbrechen der neuen Machthaber. Bislang wurden vor allem Übergriffe gegen Gaddafi-Anhänger wie willkürliche Verhaftungen und Misshandlungen bekannt. Außerdem wurden mancherorts Dorfbewohner vertrieben, weil sie der Sympathien für den Despoten verdächtigt wurden.
Autorin: Eleonore Uhlich (rtr,dpa,dapd)
Redaktion: Marko Langer