Reiseverbot Liao Yiwu
1. März 2010Eigentlich schien der Reise nach Köln zum dortigen Literaturfestival "lit.Cologne" nichts mehr im Wege zu stehen: Der chinesische Schriftsteller Liao Yiwu hatte eine offizielle Einladung der Veranstalter, ein Flugticket nach Deutschland, einen gültigen Pass und ein Visum. Ohne Probleme durchlief er die Sicherheitskontrollen am Flughafen der südwestchinesischen Stadt Chengdu und betrat das Flugzeug.
Doch kurz vor dem Start kam eine Stewardess an den Platz des Autors und bat ihn, sein Gepäck zu nehmen und mitzukommen. Da sei ihm klar geworden, dass die Behörden ihn nicht nach Deutschland reisen lassen wollten, sagte Liao Yiwu der China-Redaktion der Deutschen Welle.
Draußen habe schon die Flughafenpolizei gewartet. Auf einem Polizeirevier sei er dreieinhalb Stunden lang verhört worden. Er habe den Beamten erklärt, er wolle nur an dem Literaturfestival in Köln teilnehmen. Das sei eine einfache Literaturveranstaltung, die nichts mit Politik zu tun habe. "Sie sagten, sie könnten diese Sache schon verstehen, aber sie täten nur ihre Pflicht", so der Schriftsteller. Er ist überzeugt: "Das war eine Staatshandlung."
Für unbestimmte Zeit unter Hausarrest
Nach dem Verhör wurde der Schriftsteller nach Hause gebracht. Dort steht Liao Yiwu nun unter Hausarrest: "Sie sagten mir, wenn ich das Haus verlassen wolle, müsse ich sie anrufen und ihnen sagen, warum." Die Polizei teilte Liao Yiwu nicht mit, wie lange sein Hausarrest dauern werde. Der Autor vermutet, dass er zumindest während der Dauer der "lit.Cologne" unter strenger Bewachung stehen werde.
Liao Yiwu steht auf der Schwarzen Liste der Personen, die die Kommunistische Partei als Gefahr für ihre eigene Macht ansieht. Diese Personen dürfen das Land in der Regel nicht verlassen. Im Herbst letzten Jahres hatten die chinesischen Behörden dem Schriftsteller bereits die Reise zur Frankfurter Buchmesse verweigert.
Offener Brief an Angela Merkel
Auch vor dem Kölner Literaturfestival war Liao Yiwu polizeilich verboten worden, das Land zu verlassen. Der Schriftsteller war trotz des Reiseverbots zur deutschen Botschaft gegangen und hatte ein Visum beantragt. In einem offenen Brief an Angela Merkel Anfang Februar hatte er die Bundeskanzlerin gebeten, sich für seine Ausreise stark zu machen.
Die Kanzlerin habe ihm Grüße und Lob übermitteln lassen, so Liao. Die deutschen Behörden hätten ihn insgesamt sehr unterstützt. "Die deutsche Regierung, das Auswärtige Amt und die Botschaft haben sich sehr um die Sache gekümmert." Schon einen Tag nach dem Visumantrag habe er es bekommen. "Das hat mich sehr motiviert, und deshalb wollte ich unbedingt fahren."
lit.Cologne-Veranstalter enttäuscht
Werner Köhler vom Veranstalter der "lit.Cologne" zeigt sich enttäuscht, dass Liao Yiwu an der Ausreise gehindert wurde. "Wir sind natürlich entrüstet über die ganze Geschichte, zumal wir uns im Vorfeld wirklich bemüht haben, alles sehr ruhig anzugehen." Die Organisatoren hatten jeden politisch motivierten Anschein des Besuchs vermeiden wollen. "Es sollte eine Lesereise werden." Statt der Lesungen von Liao Yiwu soll es nun Solidaritätsbekundungen für den Schriftsteller auf dem Festival geben, so Köhler. In welcher Form diese stattfinden, werde derzeit noch diskutiert.
Autor: Christoph Ricking
Redaktion: Marion Linnenbrink