Libanesen haben genug von Korruption
23. Dezember 2018Sie hatten sich über die sozialen Medien verabredet: Hunderte aufgebrachte Menschen marschierten in der libanesischen Hauptstadt Beirut zum Sitz von Regierungschef Saad Hariri. Sie verlangten unter anderem eine kostenlose Gesundheitsvorsorge sowie eine bessere Trinkwasser- und Stromversorgung. Die Kundgebung wurde von einem Großaufgebot libanesischer Sicherheitskräfte begleitet.
In Anspielung an die Proteste gegen hohe Lebenshaltungskosten in Frankreich trugen einige der Demonstranten gelbe Westen, allerdings mit einer Zeder versehen, dem libanesischen Nationalsymbol. "Wir werden regiert von einer politischen Klasse von korrupten Dieben, die mit sektiererischem Fanatismus herrschen", klagte eine Demonstrantin. Während staatliche Gelder verschwendet würden, stürben "vor den Türen der Krankenhäuser" Menschen ohne Krankenversicherung. In der vergangenen Woche hatte der Tod eines Kindes wegen fehlender medizinischer Behandlung die Menschen im Libanon empört.
"Wir wollen endlich eine Regierung", skandierten andere Teilnehmer. Ministerpräsident Hariri war bei der Parlamentswahl im Mai zwar im Amt bestätigt worden, aber auch sieben Monate später ist die Diskussion über die Verteilung der Ministerposten nicht abgeschlossen.
In den Städten Tripoli im Norden des Libanons und Nabatijeh im Süden gab es ebenfalls Kundgebungen. Bereits vor einer Woche hatten hunderte Libanesen gegen die schlechte Versorgungslage demonstriert.
Zwei Millionen Flüchtlinge
Der hochverschuldete Libanon beherbergt laut UN-Angaben etwa eine Million syrische Flüchtlinge. Die libanesische Regierung geht in ihren Schätzungen gar von 1,7 Millionen Syrern aus. Hinzu kommen mehrere hunderttausend palästinensische Flüchtlinge. Gemessen an seiner Einwohnerzahl von etwa 6,3 Millionen hat das Land damit weltweit die meisten Flüchtlinge aufgenommen.
Die libanesische Wirtschaft verzeichnet seit dem Ausbruch des syrischen Bürgerkriegs große Einbußen, da das Nachbarland einer der größten Handelspartner war. Die Aufnahme der vielen Flüchtlinge brachte auch Probleme hinsichtlich der Infrastruktur. Dies betrifft insbesondere die Versorgung mit Strom und sauberem Wasser sowie die Müll- und Abwasserentsorgung.
se/qu (ap, afp, rtr)