Liberaler wird Präsident Nordzyperns
26. April 2015Der Liberale Mustafa Akinci wird neuer Präsident der international isolierten Türkischen Republik Nordzypern. Der als dialogbereit und gemäßigt geltende Ex-Bürgermeister des türkischen Teils Nikosias gewann eine Stichwahl gegen den konservativen Amtsinhaber Dervis Eroglu, wie die Wahlkommission mitteilte. Der 67-jährige Akinci gilt als Befürworter einer Aussöhnung mit der Republik Zypern, dem griechisch-zyprischen Süden der Mittelmeerinsel.
Als Präsident darf er den Chefunterhändler für die UN-Verhandlungen über eine Wiedervereinigung bestimmen, die seit Oktober wegen eines Streits um Gasvorkommen ausgesetzt sind. Außenminister Özdil Nami hatte kürzlich gesagt, er erwarte im Mai neue Gespräche mit dem Süden. Der Regierungssprecher der Republik Zypern, Nikos Christodoulides, begrüßte die Wahl Akincis. Er habe immer die Notwendigkeit einer Wiedervereinigung hervorgehoben. "Wir hoffen auf einen baldigen ehrlichen und substanziellen Dialog."
Feierlaune im Süden
Im Süden herrschte teilweise Begeisterung. Viele Bürger aus dem griechischen Teil wurden nach Berichten des staatlichen Fernsehens sogar bei den Feierlichkeiten im Nordteil gesichtet. Nach Auszählung von rund 98 Prozent der Wahlurnen erhielt Akinci nach Angaben des Senders BRT rund 60 Prozent der Stimmen. Eroglu lag mit rund 38 Prozent deutlich dahinter.
Auf Akinci wartet nun die Herausforderung, den türkischen Norden nach über 40 Jahren durch einen Friedensschluss mit dem griechischen Süden aus der Isolation zu führen. Bereits als Bürgermeister des türkischen Nordteils der Hauptstadt Nikosia hatte Akinci mit Vertretern aus dem griechisch-zyprischen Süden kooperiert. Der erfahrene Politiker war 1975 erstmals ins Parlament gewählt worden und war von 1976 bis 1990 Bürgermeister. 1993 zog er erneut ins Parlament ein, außerdem hatte er mehrere Regierungsämter inne.
Knapp 177.000 Wahlberechtigte waren zur Stimmabgabe aufgerufen. Die Wahlbeteiligung lag bei rund 64 Prozent. Eroglu hatte zunächst als Favorit gegolten. Er war in der ersten Wahlrunde am vergangenen Sonntag auf 28,2 Prozent der Stimmen gekommen. Akinci lag mit 26,9 Prozent hinter ihm. Der sozialdemokratische Ministerpräsident Özkan Yorgancioglu hatte die Kandidatur Akincis unterstützt.
Die Mittelmeerinsel ist seit einem von Athen gestützten griechisch-zyprischen Putsch und einer anschließenden türkischen Militärintervention 1974 geteilt. Die 1983 ausgerufene Türkische Republik Nordzypern wird nur von Ankara anerkannt, das auch 30 Prozent des Haushalts beisteuert und einen Großteil der Infrastruktur finanziert.
Einen UN-Plan zur Wiedervereinigung hatten die griechischen Zyprer im April 2004 mehrheitlich abgelehnt, während ihre türkischen Nachbarn dafür stimmten. So überwachen auch elf Jahre später weiterhin etwa tausend UN-Blauhelme die Waffenstillstandslinie, die durch Europas letzte geteilte Hauptstadt Nikosia verläuft. Im Nordteil der Insel sind weiter zehntausende türkische Soldaten stationiert.
Die Republik Zypern trat 2004 der EU und der Eurozone bei. Völkerrechtlich ist die ganze Mittelmeerinsel Mitglied der Europäischen Union.
stu/gmf (afp, dpa)