"Lichtgestalt, Ruhepol, Freundin" - Abschiedsworte zu Angela Merkel
Nach 16 Amtsjahren tritt Bundeskanzlerin Angela Merkel bald von der politischen Bühne ab. Was Spitzenpolitiker aus aller Welt ihr zum Abschied sagen.
Früherer US-Präsident Barack Obama: "Ein Vorbild"
Merkel habe "guten Humor, weisen Pragmatismus und einen unerbittlichen moralischen Kompass", so der frühere US-Präsident Barack Obama, hier beim G7-Gipfel in Bayern ins Gespräch mit der Kanzlerin vertieft. "So viele Menschen, Mädchen und Jungen, Männer und Frauen, haben ein Vorbild gehabt, zu dem sie in schwierigen Zeiten aufschauen konnten." Und: "Ich war glücklich, dein Freund zu werden."
US-Präsident Biden: eine "großartige Freundin"
Nicht ganz so euphorisch ist Obamas Nachnachfolger Joe Biden. Der US-Präsident würdigte Merkel als eine "großartige Freundin, eine persönliche Freundin und eine Freundin der USA" und bezeichnete ihre Kanzlerschaft als "historisch". Zwar kommt Merkel deutlich besser mit ihm zurecht als mit seinem republikanischem Vorgänger Donald Trump. Trotzdem ist das Verhältnis bisher eher kühl geblieben.
EU-Ratspräsident Charles Michel: "Du bist ein Monument."
EU-Vertreter dagegen überschütten Merkel geradezu mit Lob. EU-Ratspräsident Charles Michel sagte vergangene Woche zur Noch-Kanzlerin: "Du bist ein Monument. Der Europäische Rat ohne Angela ist wie Rom ohne den Vatikan oder Paris ohne den Eiffelturm. Wir werden deine Weisheit vermissen, besonders in schwierigen Zeiten. Du bist ein Kompass und eine Lichtgestalt unseres europäischen Projekts."
Ex-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker: "Ein Gesamtkunstwerk"
Kaum jemand in der EU bringt so viel Erfahrung mit wie der ehemalige EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker. Er kennt Merkel von unzähligen Gipfeln und urteilt: "Ich schätze sie als Gesamtkunstwerk. Denn sie setzt sich aus vielen Teilen zusammen." In 16 Jahren habe sie "vieles richtig gemacht und nichts Wesentliches falsch".
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron: "Danke für die Kämpfe" für Europa
Merkels engster Partner in Europa ist Frankreichs Präsident Emmanuel Macron. Wie kein anderer hat er sich für eine Stärkung und Vertiefung der EU eingesetzt - oft mit einer zögernden, skeptischen Kanzlerin. Trotzdem twitterte er jetzt: "Danke, liebe Angela, für die für unser Europa ausgefochtenen Kämpfe."
Britischer Premier Johnson: "historisches Engagement"
Ein weitaus schwierigerer Partner ist Boris Johnson. Der war maßgeblich daran beteiligt, sein Land aus der EU herauszuführen. Trotzdem teilte der immer zu Scherzen aufgelegte Johnson beim Abschiedsbesuch Merkels im Juli Nettigkeiten aus. So dankte er der Kanzlerin für ihr "historisches Engagement, nicht nur für die deutsch-britischen Beziehungen, sondern für die Diplomatie auf der ganzen Welt".
Britischer Ex-Premier Blair: Sie hat "den Laden zusammengehalten"
Wäre es nach Tony Blair gegangen, wäre Großbritannien in der EU geblieben. Der ehemalige Premier aus Merkels Anfangsjahren als Bundeskanzlerin urteilt heute über sie: "Es ist immer noch eine bemerkenswerte Leistung, den ganzen Laden zusammengehalten zu haben, und das in der vermutlich schwierigsten Phase, die Europa durchgemacht hat."
Österreichs Bundeskanzler Alexander Schallenberg: "Sie war ein Ruhepol."
Er ist ganz neu im Amt, nachdem sich sein Vorgänger Sebastian Kurz inmitten von Korruptionsvorwürfen zurückgezogen hat. Aber Schallenberg kennt Merkel seit Jahren als früherer österreichischer Außenminister und sagt über sie: "Sie wird eine Lücke hinterlassen. Sie war ein Ruhepol. Und sie war zweifellos eine große Europäerin."
Polnischer Regierungschef Mateusz Morawiecki: "Immer im Dialog geblieben"
Merkel hat immer großen Wert auch auf eine enge Zusammenarbeit mit dem östlichen Nachbarn Polen gelegt, was wegen Meinungsverschiedenheiten, etwa in der Flüchtlingspolitik, nicht immer gelang. Polens Ministerpräsident Mateusz Morawiecki sagte bei Merkels Abschiedsbesuch immerhin: "Trotz vieler schwieriger Themen sind wir immer im Dialog geblieben, dafür danke ich Ihnen."
Türkischer Präsident Recep Erdogan: "Freundin" und "teure Kanzlerin"
Eine Menge Probleme hatte Merkel mit dem türkischen Präsidenten Recep Erdogan, nicht zuletzt in Fragen der Menschenrechte. Der würdigte die "Freundin" und "teure Kanzlerin" jedoch als erfahrene Politikerin, die immer einen "vernünftigen und lösungsorientierten Ansatz" gepflegt habe. Tatsächlich hat Merkel oft das Gespräch mit Erdogan gesucht, nicht zuletzt in der Flüchtlingspolitik.
Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping: Merkel ist "alte Freundin Chinas"
Merkel war immer eine glühende Bewunderin des chinesischen Aufstiegs. Erst gegen Ende ihrer Kanzlerschaft wurde sie skeptischer. Der chinesische Staats- und Parteichef Xi Jinping hat sich in einer Videoschalte von ihr verabschiedet und sie darin als "alte Freundin Chinas" bezeichnet. Diese zweifelhafte Ehre wurde allerdings auch etwa Wladimir Putin, Fidel Castro und Robert Mugabe zuteil.
Russlands Präsident Wladimir Putin: 16 Jahre an der Macht sind "beachtlich"
Ziemlich dürftig fällt die Bilanz des russischen Präsidenten Putin über Merkel aus. "Sie war 16 Jahre an der Macht, das ist beachtlich", sagte er kürzlich auf die Frage, ob er sie vermissen werde. Und sie habe ja noch einmal kandidieren können - die Antwort eines Machtpolitikers. Das Foto zeigt die beiden 2007, als Putin seinen Labrador an Merkel, die Angst vor Hunden hat, herumschnüffeln ließ.
Früherer US-Präsident George W. Bush: "Klasse und Würde"
Heute frönt der ehemalige US-Präsident George Bush vor allem der Malerei - und unter seinen Bildern ist auch eines von Angela Merkel, die ihn einst auf seiner Ranch in Texas besuchte. Der DW sagte Bush kürzlich: "Angela Merkel hat ihre sehr wichtige Position mit Klasse und Würde ausgefüllt. Sie hat getan, was das Beste für Deutschland war, und sie hat es basierend auf Prinzipien getan."
Angela Merkel war 16 Jahre Bundeskanzlerin der Bundesrepublik Deutschland. In dieser langen Zeit hatte sie es allein mit vier US-Präsidenten, mit vier französischen Präsidenten und mit fünf britischen Premierministern zu tun. Viele ihrer internationalen Partner waren ihr wohlgesonnen, mit anderen war das Verhältnis unterkühlt. Zu ihrem bald endgültigen Abschied aus dem Kanzleramt bekommt Angela Merkel eine Menge Lob und Anerkennung. Hier eine Auswahl.