Lieberman will Siedlungsbau fortsetzen
6. September 2010Israels Außenminister Avigdor Lieberman hat angekündigt, mit seiner ultranationalistischen Partei "Israel Beitenu" jeden Versuch einer Verlängerung des israelischen Siedlungsmoratoriums blockieren zu wollen. Es gebe "keinen Grund" dafür, das Einfrieren des Siedlungsbaus auszuweiten, sagte Lieberman am Montag (06.09.2010) im Armeerundfunk. "Israel Beitenu" habe "genügend Einfluss und Macht im Parlament", um sicherzustellen, dass eine solche Entscheidung nicht angenommen werde. Die ultranationalistische Partei des Außenministers ist in der Regierungskoalition von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu zweitstärkste Kraft.
Noch am Sonntag hatte der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu seine Minister in Jerusalem über die Verhandlungen, die er am Donnerstag mit Palästinenserpräsident Mahmud Abbas in Washington geführt hatte, informiert. Dabei hatte Netanjahu noch keine Lösung in der Frage des umstrittenen Siedlungsbaus bekanntgegeben aber sich für "neue Lösungen für alte Probleme" ausgesprochen. Auch der Verteidigungsminister Ehud Barak deutete Kompromissbereitschaft an. Zwar sei es unwahrscheinlich, dass Israel seinen zehnmonatigen Baustopp über den 26. September hinaus in der derzeitigen Form verlängere, sagte Barak. Allerdings glaube er auch nicht, dass Israel den Baustopp vollständig aufheben werde.
Netanjahu: Zu "historischem Kompromiss" bereit
Netanjahu sagte bei den Beratungen mit seinen Ministern, man müsse aus Fehlern lernen. "Kreatives Denken" sei der Schlüssel zur Lösung der komplizierten Kernfragen des Nahost-Konflikts. Er betonte, er sei zu einem "historischen Kompromiss" bereit.
Palästinenserpräsident Abbas drohte am Wochenende dagegen erneut mit einem Abbruch der Friedensgespräche, sollte Israel den Siedlungsbau Ende September wieder aufnehmen.
Die Auseinandersetzung um das Moratorium gilt als ernster Stolperstein bei den am Donnerstag aufgenommenen Friedensverhandlungen. Sollte Israel seine Bauaktivitäten im Westjordanland wieder aufnehmen, würde das wohl das Ende der neuen Friedenshoffnungen mit den Palästinensern bedeuten.
Luftwaffe bombadiert Schmugglertunnel
Ungeachtet der jüngsten Friedensbemühungen flog die israelische Luftwaffe in der Nacht zum Sonntag Angriffe auf Schmugglertunnel im südlichen Gazastreifen. Dabei wurden mindestens zwei Palästinenser getötet. Eine israelische Armeesprecherin bestätigte am Sonntag, die Luftwaffe habe insgesamt drei Ziele angegriffen. Israel habe damit auf Sicherheitszwischenfälle in der vergangenen Woche reagiert.
Die Palästinenser hätten einen der Tunnel für Waffenschmuggel missbraucht, sagte die Sprecherin. Stunden vor dem israelischen Angriff hatten militante Palästinenser Israel mit einer Rakete beschossen. Insgesamt seien seit Jahresbeginn mehr als 100 Raketen und Mörsergranaten auf israelisches Gebiet abgefeuert worden, teilte die Armee mit. Bei zwei Anschlägen im Westjordanland waren am Dienstag und Mittwoch vier israelische Siedler getötet und ein Ehepaar verletzt worden. Zu den Taten bekannte sich der bewaffnete Flügel der radikal-islamischen Hamas, die den Gazastreifen beherrscht.
Friedenswillen auf beiden Seiten
Am Donnerstag hatten in Washington die ersten direkten Verhandlungen zwischen Israelis und Palästinensern seit fast zwei Jahren stattgefunden. Der israelische Ministerpräsident Netanjahu und Palästinenserpräsident Abbas bekräftigten, gegen den Widerstand radikaler Kräfte im eigenen Lager, innerhalb eines Jahres eine Friedenslösung erreichen zu wollen.
Die nächste Verhandlungsrunde ist für den 14. und 15. September im Nahen Osten geplant, vermutlich im ägyptischen Scharm el Scheich. Daran sollen auch wieder US-Außenministerin Hillary Clinton und der US-Sondergesandte George Mitchell teilnehmen.
Autorin: Annamaria Sigrist / Ursula Kissel (dpa, dapd, afp)
Redaktion: Susanne Eickenfonder