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Likud-Chef Scharon will mit eigener Partei in Neuwahlen gehen

21. November 2005

Der israelischen Politik steht vermutlich eine turbulente Woche bevor, in der es zu tief greifenden Umwälzungen kommen könnte. Ministerpräsident Ariel Scharon plant die Gründung einer neuen Partei und Neuwahlen.

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Blickt Neuwahlen entgegen: Ariel ScharonBild: AP

Berater Scharons gehen davon aus, dass er am Montag (21.11.2005) die seit längerem erwartete Spaltung seines konservativen Likud-Blocks ankündigen könnte. Am Sonntagabend hieß es aus Kreisen von Scharons Büro, dieser habe sich zum Austritt entschlossen. Scharons engste Berater hätten bereits die technischen Vorbereitungen für die Anmeldung einer neuen Partei abgeschlossen, hieß es am Wochenende in einem Bericht des israelischen Militärradios.

Laut Umfragen könnte eine neue Partei der Mitte mit mehreren populären Politikern bei einer vorgezogenen Neuwahl eine Mehrheit gewinnen. Scharon hatte sich vorige Woche bereits mit dem Chef der Arbeitspartei, Amir Perez, auf Neuwahlen im Frühjahr verständigt. Staatspräsident Mosche Katzav reagierte auf einen entsprechenden Antrag Scharons am Montag mit einer Fernsehansprache, in der er sich für Neuwahlen aussprach. Dem Gesetz entsprechend hätten andere Kandidaten nun allerdings drei Wochen Zeit, sich um die Bildung einer anderen Regierung zu bemühen, sagte Katzav. Er kündigte weitere Beratungen und eine baldige Entscheidung an.

Koalition am Ende

Über eine Partei-Neugründung durch den 77-jährigen Scharon war schon seit längerem spekuliert worden. Scharon könne eine Veränderung der Politik in Gang setzen, wie sie es seit der Gründung des Staates Israel noch nicht gegeben habe, hieß es in der Tageszeitung "Jedioth Ahronoth". Umfragen zufolge ist jedoch nicht sicher, ob Scharon mit einer neuen Partei die Wahlen gewinnen könnte. In dieser Konstellation wird er den Befragungen zufolge Kopf an Kopf mit Amir Perez von der Arbeitspartei gesehen.

Die Arbeitspartei stellte ihrerseits am Sonntag die Weichen für eine umfassende Veränderung, als sie ihren Austritt aus Scharons Regierungskoalition beschloss. Die betroffenen Minister dürften noch am Montag ihren Rücktritt einreichen. Die Entscheidung zum Austritt fiel auf einem Parteitag in Tel Aviv. Die Delegierten folgten damit dem Wunsch von Perez. Er hatte am 10. November in einer Direktwahl um den Parteivorsitz den bisherigen Vorsitzenden und stellvertretenden Ministerpräsidenten Schimon Peres besiegt. Perez war mit dem Versprechen angetreten, die seit Januar bestehende große Koalition mit dem konservativen Likud-Block zu beenden. Die Arbeitspartei war der Koalition einst beigetreten, um den Abzug Israels aus dem Gaza-Streifen gegen den Widerstand von radikalen Mitgliedern von Scharons Likud-Partei sicherzustellen.

Gespräche mit Palästinensern

In einer Rede auf dem Parteitag warf Perez der Regierung vor, die Armut im Land vergrößert zu haben und die Armen und Einwanderer zu demütigen. Er rief die weniger begüterten Wähler des Likud-Blocks auf, zur Arbeitspartei zu wechseln. "Schließt euch dem neuen Sozialpakt an", sagte Perez. "Ihr lasst Likud nicht im Stich, sondern Likud hat euch im Stich gelassen", sagte er an die Adresse bisheriger Likud-Wähler.

Perez setzt sich für eine möglichst schnelle Aufnahme von Friedensgesprächen mit den Palästinensern und einen raschen Rückzug auch aus Siedlungen im Westjordanland ein. Scharon will dagegen die größten Siedlungen im Westjordanland behalten und hat Gespräche über einen eigenen Staat für die Palästinenser von der Entwaffnung radikaler Gruppen abhängig gemacht. (mas)