1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Linkspartei vor Zerreißprobe

15. Mai 2012

Das Wahldesaster in Nordrhein-Westfalen räumt ihm die Bühne frei für eine Rückkehr an die Spitze der Linkspartei: Oskar Lafontaine hat sich nach langem Abwarten jetzt dazu bereiterklärt, stellt aber Bedingungen.

https://p.dw.com/p/14vWZ
Der frühere Vorsitzende der Linken Oskar Lafontaine (Foto:dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Schon in seiner ehemaligen Partei, der SPD, hatte er einmal mit einem Handstreich den Parteivorsitz an sich gerissen - nun will es der 68-jährige Oskar Lafontaine offenbar auch in der Linkspartei noch einmal wissen. Dies könnte zum offenen Machtkampf führen, der Linken in Deutschland droht die Spaltung.

Der amtierende Parteichef Klaus Ernst will seinen Posten für Lafontaine räumen. Vizefraktionschef Dietmar Bartsch hält aber dagegen und reagierte auf die ersten Erklärungen Lafontaines mit einer Bekräftigung seiner eigenen Kandidatur. Er stützt sich auf die ostdeutschen Landesverbände. Eine Kampfabstimmung auf dem Parteitag in Göttingen am 2. und 3. Juni könnte zur Zerreißprobe für die Linke werden. Unterdessen erklärte aber Lafontaine, er schließe eine Kampfkandidatur gegen Bartsch aus.

Lafontaine steht für einen radikalen Oppositionskurs, Bartsch schließt auch eine Annäherung an SPD und Grüne mit dem Ziel einer Regierungsbeteiligung nicht aus. Als Kompromiss wurde Fraktionschef Gregor Gysi ins Gespräch gebracht. An diesem Dienstag wollen Bundesspitze und Landeschefs in einer gemeinsamen Sitzung nach einer Einigung suchen.

Lafontaine verlangt loyales Umfeld

Die Linke hatte lange auf eine Erklärung Lafontaines zu seinen politischen Ambitionen gewartet. Die Personaldebatte hatte die Partei seit Monaten immer wieder belastet und ihr Programm in den Hintergrund gedrängt. Es folgten die Wahlpleiten in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen. Am Montag machte der Saarländer erstmals öffentlich klar, dass er grundsätzlich für ein Comeback bereitsteht, aber nur unter Bedingungen: "Ich muss klipp und klar sagen, die Arbeitsbedingungen müssen stimmen", sagte er. Es könne sein, dass der eine versuche, vorne Tore zu machen, und der andere "aufs eigene Tor" schieße.

Am Dienstag will Lafontaine nach diesem vorsichtigen Vorstoß genauer werden. Laut Medienberichten könnte er verlangen, seine Lebensgefährtin Sahra Wagenknecht zur Fraktionsvorsitzenden zu machen. Einer seiner Vertrauten soll demnach Bundesschatzmeister werden. Gegenkandidat Bartsch würde mit einem Posten als Parteivize abgefunden.

Lafontaine war vor zwei Jahren wegen eines Krebsleidens als Parteichef zurückgetreten und hatte sich auf den Posten des saarländischen Fraktionschefs zurückgezogen. Inzwischen gilt er als voll genesen. Viele Mitglieder hoffen, bei der Bundestagswahl von seiner Erfahrung und von seiner Popularität profitieren zu können. Bei seinem Rückzug im Mai 2010 war die Linke noch in 13 Landtagen vertreten und hatte bei der letzten Bundestagswahl satte 11,9 Prozent verbuchen können.

Alte Fronten in der Führung

Für eine Überraschung hatte Lafontaine mit dem Vorschlag gesorgt, Parteivorsitz und Spitzenkandidatur für die Bundestagswahl 2013 zu verknüpfen. Beides gehöre untrennbar zusammen, sagte er. "Wer jetzt die Parteiführung übernimmt, ist auch verantwortlich für die nächste Bundestagswahl."

Dietmar Bartsch (Foto: dpa)
Bartsch gilt als Reformer und hat vor allem die ostdeutschen Genossen hinter sichBild: picture alliance / dpa

Der 54-jährige Reformer und Pragmatiker Bartsch hatte seine Kandidatur bereits vor einem halben Jahr angekündigt. Eine Unterordnung unter Lafontaine in einem neuen Vorstand komme für ihn nicht infrage, betonte er. Bartsch war schon einmal Bundesgeschäftsführer unter Lafontaine, wurde aber von seinem Chef aus dem Amt gedrängt, weil der ihm eine gezielte Intrige vorwarf. Wer den weiblichen Part der künftigen Doppelspitze übernehmen könnte, ist nach dem Rückzug der bisherigen Co-Vorsitzenden Gesine Lötzsch völlig offen.

Die Linke war in NRW klar an der Fünf-Prozent-Hürde gescheitert und nach zwei Jahren aus dem Landtag ausgeschieden. Bundesweit wird sie derzeit mit maximal sechs bis acht Prozent gehandelt. Sie wurde von den Piraten als Protestpartei Nummer eins abgelöst.

SC/gri (dapd,dpa)