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Messis Heimatstadt Rosario im Ausnahmezustand

Tobias Käufer aus Rosario
16. Dezember 2022

Klappt es diesmal mit dem dritten WM-Titel? In Rosario fiebern die Menschen besonders mit dem argentinischen Nationalteam mit. Voller Stolz, Vorfreude und Anspannung präsentieren sie ihren omnipräsenten Messi(as).

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Geburtshaus von Lionel Messi würdigt die Verdienste des Stars
Bild: Tobias Käufer/DW

Das schlichte graue Haus in der Straße "Lavalleja 400" ist längst zu einem Wallfahrtsort von Lionel Messi-Fans sowie Touristen geworden. Vor 35 Jahren ist der Fußballprofi hier in der Industriestadt Rosario, gut drei Autostunden nördlich der Hauptstadt Buenos Aires gelegen, auf die Welt gekommen. "Aus einer anderen Galaxie, aber aus meinem Viertel" haben Einheimische hier auf eine der Mauern geschrieben.

In der Woche vor dem WM-Finale zwischen Argentinien und Frankreich geht es in dem Viertel "Las Heras" noch ein Stück internationaler zu als ohnehin. Fernsehteams aus China und Japan sowie Touristinnen aus Kolumbien, Mexiko und Frankreich sind hier anzutreffen - und Nachbar Carlos (65).

Messi Bolzplatz wird zur Kultstätte

Der 65-Jährige geht in sein Haus, um Fotos "von damals" zu holen. Sie zeigen unter anderem den jungen Lionel Messi an jenem Abend, als er mit Freunden seinen Abschied aus Rosario feierte. Auch Carlos Familie war dabei. Am nächsten Tag flog er nach Barcelona, um dort erst in Barcas Jugendschule für Aufsehen zu sorgen und dann eine Weltkarriere zu starten.

Nachbar Carlos zeigt zwei Fotos aus den Kindheitstagen mit Messi (im rotem Umhang)
Fotos aus den Kindheitstagen mit Messi (im rotem Umhang)Bild: Tobias Käufer/DW

"Wir wussten, dass er ein großes Talent war. Aber wer hätte gedacht, dass der Junge, der mit den Kindern der Straße auf dem Bolzplatz spielte, einmal der beste Fußballer der Welt werden würde", erzählt Carlos. In "Lavalleja" verfolgen sie das WM-Turnier mit großem Stolz.

Der Bolzplatz an der Ecke, auf dem Messi mit den Nachbarjungs kickte und seine ersten Tore erzielte, ist zu einer Kultstätte geworden. Künstler haben Szenen aus Messis Leben an den Mauern, die den Bolzplatz umgeben, festgehalten. Auch auf der Rückwand seines Geburtshauses ist Messi überlebensgroß verewigt. "Danke" steht darauf zu lesen (Foto oben). 

In diesen Tagen vor dem WM-Finale ist die Anspannung und Vorfreude überall in Rosario zu spüren. Irgendwie spüren alle, dass es diesmal "so weit" ist. Offizielle Trikots mit der "Nummer 10" sind ausverkauft, dafür machen Schwarzmarkthändler mit billigen Kopien noch ein Riesengeschäft. "Die Leute sind im Ausnahmezustand", sagt Verkäuferin Marta. "Alle wollen sich vor dem Finale noch einmal in den Nationalfarben einkleiden."

Endlich gute Nachrichten aus Rosario

Für die Stadt ist das internationale Interesse an Lionel Messi ein Segen. Zuletzt rückte Rosario aufgrund zunehmender Gewalt und Drogenkriminalität in die Schlagzeilen, die Mordrate stieg, der Erzbischof rief zu Gebeten und Friedensmärschen auf. Nun aber gibt es endlich positive Nachrichten. Acht Jahre mussten die Argentinier nach dem verlorenen WM-Finale gegen Deutschland (0:1) auf eine zweite Chance warten. Nun soll es endlich klappen und Messi seine Karriere krönen.

Im neuen schmucken Sportmuseum der Provinz Santa Fe, dessen Hauptstadt die drittgrößte Metropole Rosario ist, haben sie sich bereits auf den "Tag X" vorbereitet. Zwischen den großen Fotos der WM-Helden von 1978 mit Marito Kempes und 1986 mit Diego Maradona steht auf einer Ehrenwand der WM-Pokal. 

"La Esperanza - die Hoffnung" ist dort zu lesen. Zu sehen ist ein Foto von Angel di Maria und Lionel Messi, die vor anderthalb Jahren beide maßgeblichen Anteil am ersten Copa-America-Sieg seit 1993 hatten. Errungen ausgerechnet im Maracana-Stadion in Rio de Janeiro gegen den Erzrivalen Brasilien.

Im Sportmuseum der Provinz Santa Fe ist der WM-Pokal ausgestellt mit einem Bild von Lionsel Messi und Angel di Maria und den Worten: La esperanza - die Hoffnung
Das Sportmuseum der Provinz Santa Fe: "La esperanza" - die Hoffnung"Bild: Tobias Käufer/DW

Das Museum ruft auch in Erinnerung, welche Bedeutung die Stadt Rosario für den argentinischen Fußball hat. Hier ist auch der aktuelle Nationaltrainer Lionel Scaloni geboren, genauso wie der legendäre WM-Trainer von 1978, Cesar Luis Menotti. Die Liste prominenter Fußballer und Trainer, die aus Rosario hinaus in die Welt gezogen sind, ist wirklich beeindruckend. Auch der argentinische Revolutionär Che Guevara, der mithalf Kuba von der Battista-Diktatur zu befreien, ehe er selbst zu ähnlichen Mitteln griff, stammt aus Rosario.

Der berühmteste Sohn der Stadt

Keiner von ihnen ist in dieser Stadt jedoch so allgegenwärtig wie Messi. In seiner Schule schmückt eine Wandmalerei die Mauer zum Schulhof. In den Fenstern der Hochhäuser hängt sein Trikot, die Kinder in den Fußballschulen der Stadt tragen alle das Hemd mit der Nummer zehn. Am Ufer des Flusses Parana, der das Stadtbild trägt, gibt es an der Skyline inzwischen auch eine riesiges Messi-Graffiti.

Ein überlebensgroßes Konterfei von Messi schmückt die Skyline seiner Heimatstadt Rosario
Omnipräsent: Messi in RosarioBild: Tobias Käufer/DW

Die Menschen lieben ihn für seine fußballerischen Ausnahmequalitäten, aber auch, weil er sich immer noch eng verbunden fühlt mit seiner Heimatstadt. So verbringt Messi stets dort die Weihnachtsfeiertage, um mit der Familie und Freunden zu feiern.  

"Die ganze Stadt drückt Messi die Daumen", sagt der ehemalige Nachbar Carlos. "Ich gönne es ihm, weil er trotz seines großen Erfolges stets mit beiden Beinen auf der Erde geblieben ist, nie Skandale produzierte. Er ist einfach ein guter Junge."