Liu Xiaobo darf China nicht verlassen
29. Juni 2017Chinas Behörden haben das Gesuch des Friedensnobelpreisträgers Liu Xiaobo, sich im Ausland medizinisch behandeln zu lassen, abgelehnt. Das berichtet sein Anwalt Shang Baojun am Donnerstagabend. Am Montag erhielt der 62-jährige Liu Haftverschonung, nachdem bei ihm Leberkrebs im Spätstadium diagnostiziert wurde.
"Lange Reise kommt nicht in Frage"
Nach Auskunft von Shang begründete ein Beamter des chinesischen Justizministeriums im Gespräch mit dem amerikanischen und dem deutschen Botschafter in China die Entscheidung damit, dass Liu gesundheitlich sehr angeschlagen sei und eine lange Reise für ihn im Moment nicht in Frage komme.
Nach der Entlassung aus der Haftanstalt wurde Liu in dem von Chinas Behörden genannten Klinikum nicht gesichtet. Versuche von Aktivisten und Unterstützern, ihn im Krankenhaus ausfindig zu machen, scheiterten. Im Register der Patienten steht Lius Name nicht. Auch deutsche und amerikanische Diplomaten in Peking bemühen sich um einen Besuchstermin, bisher ohne Erfolg.
Zwar ist ein Auslandsaufenthalt zur medizinischen Behandlung während der Haftverschonung grundsätzlich untersagt, aber Ausnahmen hatte es gegeben.
Thema beim Xis Staatsbesuch in Deutschland?
Chinas Staatspräsident Xi Jinping wird demnächst Deutschland zum G20-Gipfel besuchen. Das Schicksal von Liu Xiaobo könnte von der deutschen Seite angesprochen werden, berichtet die Deutsche Presseagentur.
Bereits im April hatte Liu Xiaobos Ehefrau Liu Xia, die sich im Hausarrest befindet, bei den chinesischen Behörden den Antrag gestellt, sich wegen ihrer Depressionen, an die sie schon lange leidet, im Ausland behandeln lassen zu dürfen. Dabei sollten sie ihr Mann und ihr Bruder begleiten. "Deutschland ist bereit, uns aufnehmen. Der deutsche Botschafter hat mich angerufen und die Unterstützung der Bundesregierung angeboten", hieß es in dem Antrag von Liu Xia, der im chinesischen Internet kursiert. Liu Xiaobo hatte es vor seiner Verurteilung immer abgelehnt, China zu verlassen. Liu Xiaobo wurde im Dezember 2009 wegen „Untergrabung der Staatsgewalt" zu elf Jahren Freiheitsstrafe verurteilt.
USA würde Liu auch aufnehmen
Auch die USA fordern China auf, einen Auslandsaufenthalt für Familie Liu möglich zu machen. Der neue US-Botschafter in Peking, Terry Branstad, sagte auf seiner ersten Pressekonferenz am Mittwoch, die USA hofften, dass Liu Xiaobo die Möglichkeit erhalte, sich im Ausland medizinisch behandeln zu lassen, falls dies helfen würde.
Noch am Mittwoch tauchte auf Youtube ein etwa dreiminütiges Video auf, das die ordnungsgemäße und menschliche Behandlung Liu Xiaobos in der Haftanstalt zeigen soll. So ist zu sehen, wie der Häftling verschiedene Ballsportarten betreibt, aber auch wie er Schnee schippt. Außerdem wird gezeigt, wie gründlich er von Ärzten untersucht wurde. Das Video zeigt Liu beim Zahnarzt, beim Sehtest, und bei der Computertomografie. Wann diese Aufnahmen von wem gemacht wurden, ist nicht bekannt.