Lufthansa noch tiefer im Minus als gedacht
5. November 2020Von Juli bis September fiel bei der Lufthansa unter dem Strich ein Verlust von zwei Milliarden Euro im Vergleich zu 1,15 Milliarden Euro Gewinn im Vorjahreszeitraum an. Das teilte die Airline am Donnerstag mit. Der Umsatz brach wegen der Reisebeschränkungen um 74 Prozent auf 2,7 Milliarden Euro ein. Im Gesamtjahr wuchs der Fehlbetrag damit auf 5,6 Milliarden Euro.
Die Lufthansa muss in der Krise mit neun Milliarden Euro Finanzhilfen von Deutschland, Österreich, der Schweiz und Belgien vor einer Insolvenz bewahrt werden. "Die Menschen haben weltweit eine große Sehnsucht, bald wieder zu reisen", erklärte Lufthansa-Chef Carsten Spohr und forderte eine Lockerung der staatlichen Reisebeschränkungen. Gesundheitsschutz und Reisefreiheit müssten durch den flächendeckenden Einsatz von Schnelltests miteinander vereinbart werden.
Weltweiter Einbruch bei Passagierflügen
Die Zahl der Passagierflüge weltweit ist durch die Pandemie seit dem Frühjahr eingebrochen. Der Luftverkehr steckt deshalb in der schwersten Krise der Nachkriegszeit. In den Sommermonaten gab es eine leichte Erholung, doch immer stärker steigende Infektionszahlen in Europa seit September würgten die Nachfrage wieder ab.
Die Lufthansa beförderte im normalerweise saisonal stärksten Sommerquartal 8,9 Millionen Fluggäste, ein Fünftel der Vorjahreszahl. Die Kranich-Airline und die Töchter Eurowings, Austrian und Brussels Airlines sowie Swiss boten nur rund ein Fünftel der Flüge an, die Maschinen waren nur zu gut der Hälfte besetzt. Das Frachtgeschäft, das insbesondere nach Asien wieder floriert, ist der einzige Lichtblick. Lufthansa-Cargo erwirtschaftete 169 Millionen Euro Gewinn.
Der Konzern stemmt sich mit Kurzarbeit für den Großteil der Belegschaft und Kostensenkungen gegen die Krise. "Mit strikten Kosteneinsparungen und der Ausweitung unseres Flugprogramms konnten wir die operativen Mittelabflüsse im dritten Quartal im Vergleich zum Vorquartal deutlich senken", sagte Spohr. Der Abfluss von Barmitteln soll im vierten Quartal auf monatlich 350 Millionen Euro begrenzt werden, zu Beginn der Krise war es eine halbe Milliarde Euro. Um Geld zu sparen, sperrt die Lufthansa im Winter zum Beispiel fast die gesamte Konzernzentrale und viele andere Büros zu. Im kommenden Jahr hofft die Airline, wieder kostendeckend zu arbeiten. Dafür müsste aber wenigstens die Hälfte der Vorkrisenkapazität angeboten werden.
Kräftiger Personalabbau
Die Airline-Gruppe baute im dritten Quartal weiter kräftig Personal ab. Der Konzern zählte Ende September noch 124.534 Beschäftigte, knapp 5000 weniger als Ende Juni und fast 14.000 Personen weniger als vor Jahresfrist. Insgesamt sollen rund 27.000 Jobs, etwa jede fünfte Stelle, wegfallen. In Deutschland führten Verhandlungen mit den Gewerkschaften der Piloten, Vereinigung Cockpit, und mit Verdi für das Bodenpersonal über einen sozialverträglichen Abbau zu keinem Ergebnis. Nur die Flugbegleitergewerkschaft UFO schloss einen Krisenpakt mit dem Management ab.
ul/dk (rtr, dpa, afp)