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Löfflers Lektüren

12. März 2010

Amir Hassan Cheheltan hatte schon öfter mit der iranischen Zensur zu kämpfen. Seinen neuen Roman hat er den Zensurbehörden daher gar nicht erst vorgelegt. Die deutsche Übersetzung ist die Erstveröffentlichung des Buches.

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Buchcover "Teheran Revolutionsstrasse" von Amir Hassan Cheheltan (Foto: P. Kirchheim Verlag)

Amir Hassan Cheheltan, 1956 in Teheran geboren, ist einer der angesehensten iranischen Autoren, "Teheran Revolutionsstraße" ist sein achter Roman. Seit Juni 2009 lebt Cheheltan als Stipendiat des Künstlerprogramms des DAAD mit seiner Familie in Berlin. Für internationale Zeitungen kommentiert er seit Jahren die politische Entwicklung im Iran.

Der Roman spielt irgendwann in den frühen 1990er Jahren im nachrevolutionären Teheran. Seine Protagonisten – der falsche Doktor und Hymenoplastiker Fattah und der Folterknecht Mustafa – sind willige Helfer des Regimes, ehemalige Revolutions-Gardisten, Geheimpolizisten und Glaubenswächter, die den Gottesstaat der Ayatollahs errichten und angebliche Gegner des Regimes liquidieren halfen – das heißt: jeden Bürger, der als Regimegegner denunziert wurde. Ihren Säuberungen konnte jeder zum Opfer fallen und im berüchtigten Foltergefängnis Evin in Teheran verschwinden.

Die Doppelmoral islamischer Männer

Amir Hassan Cheheltan (Foto: TH. Korr)
Amir Hassan CheheltanBild: cc-by-sa-TH. Korr

Die Romanhandlung kommt in Gang, als sich Fattah, der gegen hohes Honorar Frauen vor der Hochzeit das Jungfernhäutchen wieder vernäht, in eine seiner Patientinnen verliebt, die junge Shahrsad, und bei ihrer Familie um sie wirbt. Er hat einen Rivalen – den Gefängniswärter Mustafa. Shahrsad gerät hilflos zwischen ihre beiden Bewerber, die mit allen Mitteln um sie kämpfen und deren Rivalität sie das Leben kosten wird.

Der Roman erzählt von der Bigotterie, Doppelmoral und geheuchelten Sittenstrenge dieser Staatsdiener, die sich als fromme Muslime fühlen und ihren Müttern als ehrerbietige, brave Söhne begegnen, gleichzeitig aber als Folterer und Vergewaltiger auftreten. Die Widersprüche im Frauenbild dieser islamischen Männer sind das Thema des Romans. Die Kehrseite der Idealisierung von Jungfrauen und Müttern ist brutale Verachtung von Frauen als sexuelle Wesen.

Ein sarkastisches Sittenbild

Cheheltan entfaltet seine Geschichte vor dem Panorama der gewalttätigen, schmutzigen, verwahrlosten und chaotisch vor sich hinexplodierenden Mega-City Teheran und liefert ein komplexes Sittenbild der iranischen Gesellschaft unter dem Mullah-Regime. Er kommt dabei ohne direkte Kritik am Regime und ohne explizite moralische Anklage aus – die nüchtern vorgetragenen Fakten sprechen eine deutliche Sprache. Der Erzähl-Gestus ist ein kühler Sarkasmus, gelegentlich nicht ohne Ironie, aber auch nicht ohne Aufmerksamkeit und erzählerisches Interesse für das verkorkste Innenleben der frommen Folterknechte.

Autorin: Sigrid Löffler
Redaktion: Gabriela Schaaf

Amir Hassan Cheheltan: "Teheran Revolutionsstraße". Roman
Aus dem Persischen von Susanne Baghestani
P. Kirchheim Verlag, München 2009. 208 Seiten. 22 Euro.