Maas möchte den Atomdeal retten
10. Juni 2019"Eine Diskussion 'less for less' (weniger für weniger) ist keine, zu der wir bereit sein werden", sagte Bundesaußenminister Heiko Maas mit Blick auf den Atomdeal mit dem Iran. Die Europäer hätten nach dem Ausstieg der USA eine geschlossene Haltung gezeigt, "dass wir dieses Abkommen erhalten wollen". Bei seinen Gesprächen in Teheran wolle er sich "darüber austauschen, welche weiteren Schritte es geben kann, dazu beizutragen, dass wir unsere Verpflichtungen erfüllen, aber genauso auch der Iran", kündigte Maas an. Er hoffe, dass beide Seiten dafür "konstruktive Wege" fänden. "Denn ich glaube, letztlich muss auch der Iran ein politisches Interesse daran haben, dass es dieses Abkommen in Zukunft weiter gibt", betonte der deutsche Außenminister.
Gesprächsrunde in Teheran
Maas, der am späten Sonntagabend in Teheran eintraf, ist zu ersten Beratungen mit seinem iranischen Kollegen Mohammed Dschawad Sarif zusammengekommen. Geplant ist auch ein Treffen mit Staatspräsident Hassan Rohani. Maas' Visite zeige, dass Deutschland versuche, das Atomabkommen zu retten, meinte Sarif. Zugleich forderte er von den Europäern abermals eine Normalisierung der wirtschaftlichen Beziehungen mit seinem Land. Andernfalls werde die Islamische Republik Konsequenzen ziehen, betonte Sarif. Grundsätzlich zeigte sich Sarif verhandlungsbereit: "Teheran wird mit der EU kooperieren, um das Atomabkommen zu retten."
Es steht die Drohung im Raum, dass der Iran die Anreicherung von Uran wieder hochfährt. Außenamtssprecher Abbas Mussawi betonte, der Iran plane ernsthaft mit einem weiteren Teilausstieg aus dem Wiener Atomabkommen von 2015. "Bis jetzt haben unsere verschiedenen Vertragspartner unsere Erwartungen nicht erfüllt."
Dialog statt Druck
Deutschland habe immer darauf hingewiesen, dass es die Aktivitäten des Iran in Syrien oder dem Jemen ebenso kritisch sehe wie sein Raketenprogramm, erklärte Maas. Dies habe man dem Iran auch bei allen Gelegenheiten deutlich gemacht, und er werde dies in Teheran erneut tun. "Wir sind allerdings der Auffassung, dass das im Dialog geschehen soll", kritisierte Maas indirekt den Kurs der USA. Er habe große Zweifel an einer Strategie des maximalen Drucks und permanenter Drohungen. Deutschland sei der Auffassung, dass Diplomatie Vorrang haben müsse.
Zahlungsverkehr über Instex
Maas rechnet damit, dass im Iran-Geschäft bald die ersten Zahlungen über das eigens geschaffene Finanzvehikel Instex zur Umgehung der US-Sanktionen abgewickelt werden. "Ich gehe davon aus, dass das in nicht allzu ferner Zukunft der Fall sein wird", sagte Maas vor seinen Gesprächen in Teheran. "Das ist ein Instrument neuer Art, deshalb ist das nicht unkompliziert, das jetzt auch zu operationalisieren. Aber alle formalen Voraussetzungen sind geschaffen, und deshalb gehe ich davon aus, dass wir damit auch in absehbarer Zeit am Start sind."
Die Abwicklung des Zahlungsverkehrs über Instex soll Firmen vor den harten Sanktionen schützen, die die USA nach ihrem einseitigen Ausstieg aus dem Atomabkommen erneut gegen den Iran verhängt haben. Seither geht das Iran-Geschäft auch deutscher Firmen wieder zurück. In den ersten beiden Monaten dieses Jahres halbierte sich der Handel zwischen Deutschland und dem Iran nach Angaben der Deutsch-Iranischen Handelskammer. In einer ersten Phase sollen über Instex nur humanitäre Güter in den Iran geliefert werden, später dann auch normale Produkte.
USA hatte Abkommen mit dem Iran gekündigt
Vor einem Jahr hatten die Vereinigten Staaten das mühsam ausgehandelte Abkommen zur Verhinderung einer iranischen Atombombe aufgekündigt; Washington übt nun wieder mit massiven Wirtschaftssanktionen Druck auf Teheran aus. Zudem verstärkten die USA ihre Truppen in der Region, was Furcht vor einem Krieg auslöste - mit möglichen ernsten Folgen für die Sicherheit auch in Europa.
Vor einem Monat stellte auch der Iran den 2015 geschlossenen Atomdeal in Frage. Den anderen Vertragspartnern setzte das Land eine Frist bis zum 7. Juli. Bis dann sollen China, Russland, Frankreich, Großbritannien und Deutschland die im Abkommen versprochenen wirtschaftlichen Vorteile für den Iran gewährleisten und dadurch die US-Sanktionen neutralisieren. Das gelang bisher allerdings nicht.
Lebenswichtige Einnahmequelle für den Iran sind vor allem seine Erdölausfuhren. Zuletzt sanken die offiziell bekannten Ölexporte des Landes deutlich unter die als entscheidend geltende Marke von einer Million Barrel am Tag. Vor dem Ausstieg der USA aus dem Atomabkommen lagen sie bei mindestens 2,5 Millionen Barrel täglich.
wa/qu/as (rtr, dpa, afp)