Machtkämpfe, Krisen, Streiks: Das Wirtschaftsjahr 2015
Bei VW bekämpfen sich erst die Bosse, dann kommt der Abgasskandal ans Licht. Überhaupt war 2015 ein turbulentes Wirtschaftsjahr. Was sonst noch passiert ist? Hier sind die Top 15 Geschichten in Bildern.
Das Billionenexperiment
Im Januar verkündet die Europäische Zentralbank (EZB), Staatsanleihen und andere Wertpapiere kaufen zu wollen. Ab März steckt die Notenbank monatlich 60 Milliarden Euro in solche Papiere. Insgesamt sollen bis mindestens März 2017 rund 1,5 Billionen Euro fließen. Damit will die EZB die Konjunktur und die Inflation anheizen. Kritiker bezweifeln, dass die Geldschwemme erfolgreich ist.
Die Quote kommt
Familienministerin Manuela Schwesig (SPD) nannte es einen "historischen Schritt". Im März beschließt der Bundestag eine Frauenquote von 30 Prozent. Ab 2016 muss jeder dritte Aufsichtsrat weiblich sein. Union und SPD stimmen dem Gesetzesentwurf der Regierung zu. Linke und Grüne enthalten sich. Sie fordern eine höhere Quote, andere Kritiker äußern verfassungsrechtliche Bedenken.
Auf die Barrikaden
In den Straßen von Frankfurt am Main bekämpfen sich am 18. März Demonstranten und Polizisten; Autos brennen, Steine fliegen. Bei der Eröffnung des Neubaus der Europäischen Zentralbank (EZB) machen Aktivisten ihrem Ärger auf die europäische Finanzpolitik Luft. Frankfurt versinkt im Chaos. Zu den Protesten hatte die kapitalismuskritische Blockupy-Bewegung aufgerufen.
Der Autopilot
Ende März durchquert zum ersten Mal ein Auto ohne Fahrer die USA. Der vom Zulieferer Delphi umgerüstete Audi Q5 begibt sich von San Francisco aus auf einen 5500 Kilometer langen Roadtrip. Nach einer neuntägigen Reise per Autopilot kommt der Wagen in New York an. Laut Delphi hat das Auto 99 Prozent der Strecke im vollautomatischen Modus zurückgelegt.
Zwischen Euphorie und Flop
Als im April die Apple-Watch vorgestellt wird, tun die einen sie als unnütze Spielerei ab, die anderen stehen Schlange. Mit der Computeruhr versucht Apple sich zum ersten Mal seit dem iPad vor fünf Jahren wieder in einer neuen Produktkategorie. Offizielle Verkaufszahlen gibt es nicht. Laut dem Marktforschungsinstitut Canalys schmückt die Uhr sieben Millionen Handgelenke.
House of Cars
Mit einem "Ich bin auf Distanz" entzieht VW-Aufsichtsratschef Ferdinand Piëch im April Vorstandschef Martin Winterkorn das Vertrauen. Doch bei den Anteilseignern kommt Piëchs Alleingang nicht gut an. Es tobt ein gnadenloser Machtkampf, den Winterkorn für sich entscheidet. Patriarch Piëch legt daraufhin alle seine Ämter nieder.
Rekord-Bankstrafe
Deutschlands größtes Geldhaus kommt der Skandal um manipulierte Zinssätze wie Libor und Euribor teuer zu stehen. Am Ende akzeptiert die Deutsche Bank einen Vergleich über 2,5 Milliarden Dollar. Von der Höhe dieser Zinssätze hängen Geschäfte von mehreren hundert Billionen Dollar ab. Händler mehrerer Banken hatten sich abgesprochen, um die Sätze zu ihren Gunsten zu verfälschen.
Erzwungener Abgang
Weil die versprochenen "besseren Zeiten" nicht kommen, müssen die beiden Co-Chefs der Deutschen Bank ihre Hüte nehmen. Beim Aktionärstreffen im Mai spricht deutlich mehr als ein Drittel der Anteilseigner Jürgen Fitschen und Anshu Jain das Misstrauen aus. Anfang Juni dann der Paukenschlag: Jain geht sofort, Fitschen im Mai 2016. Als Nachfolger wird der Brite John Cyran auserkoren.
Kanadische Übernahme
Im Juni geht eine Ära zu Ende. Die kanadische Hudson's Bay Company kauft die Warenhauskette Kaufhof für 2,8 Milliarden Euro. Ausschlaggebend sei das "zukunftstaugliche Konzept" gewesen. Der österreichische Karstadt-Eigentümer René Benko zieht den Kürzeren. Er wollte aus den beiden Firmen eine deutsche Warenhaus AG zimmern. Vorheriger Kaufhof-Inhaber war der Handelskonzern Metro.
Auf ein Drittes
Im Juni bilden sich lange Schlangen vor den griechischen Banken. Die Griechen fürchten um ihr Geld und dürfen nur begrenzt Bares an den Automaten abheben. Schließlich akzeptiert Griechenland die harten Auflagen der Geldgeber, die über Wochen geschlossenen Banken öffnen wieder. Im August ist der Weg frei für ein drittes Hilfspaket: Insgesamt sollen 86 Milliarden Euro an neuen Krediten fließen.
Wieder freie Fahrt
127 Stunden müssen Bahnreisende allein im Mai warten: Ein Rekord im Personenverkehr. Mehrere Streiks sorgen immer wieder für Zugausfälle und Wartezeiten. Im Juli einigen die Deutsche Bahn und die Lokführergewerkschaft GdL sich nach dem mehr als zehnmonatigen Streit. Die beiden Parteien verständigen sich auf höhere Einkommen und kürzere Arbeitszeiten.
Kontrollübernahme
Das Lenkrad bewegt sich von allein, das Auto beschleunigt und bremst dann selbst: Die Macht über den eigenen Wagen zu verlieren ist keine schöne Vorstellung. Im Juli machen zwei IT-Experten ihren Hacker-Angriff auf einen fahrenden Jeep öffentlich. Über eine Schwachstelle im Autoradio steuern sie das Auto. Fiat Chrysler muss bei 1,4 Millionen Wagen das Loch in der Software stopfen.
Alles auf Anfang
Google geht im August in einer neuen Dachgesellschaft namens Alphabet auf. Das traditionelle Internet- und Suchmaschinengeschäft läuft weiterhin unter dem Namen Google. Der Rest des Reichs wandelt sich in unabhängige Firmen. Beispiele dafür sind der Heimvernetzer Nest, der Thermostate herstellt und Calico. Mit diesem Biotech-Startup will das Unternehmen Leben verbessern oder sogar verlängern.
Erstunken und erlogen
Im September kommt heraus, dass Autos des VW-Konzerns mehr CO2 in die Luft pusten, als der Konzern vorgibt. Der Autobauer hatte die Abgaswerte bei Dieselmotoren von Volkswagen und Audi in Tests manipuliert. Insgesamt sind weltweit elf Millionen Fahrzeuge betroffen. VW-Chef Winterkorn muss gehen. Die US-Umweltbehörde droht mit einer Strafe von bis zu 18 Milliarden Dollar.
Und noch ein Dauerstreik
Sieben Tage Warten, 4700 Flugzeuge bleiben am Boden, rund 550.000 Kunden stecken im November am Flughafen fest: Das ist die Bilanz des längsten Streiks in der Lufthansa-Geschichte. Die Flugbegleiter-Gewerkschaft Ufo fordert mehr Lohn und eine bessere Altersversorgung. Zuvor legten schon die Piloten zeitweise ihre Arbeit nieder. Deren Streik war per Gerichtsbeschluss gestoppt worden.