Maier: "Früher war es familiärer"
3. Juli 20131972 war Deutschland Fußball-Europameister und 1974 sogar Weltmeister im eigenen Land, mit einem Finale in München, in Maiers heimischem Olympiastadion. Die "goldenen" 70er Jahre gingen auch als Jahrzehnt des ersten großen Zweikampfs in die Bundesligageschichte ein: das Duell zwischen Borussia Mönchengladbach und dem FC Bayern München. Ein Jahrzehnt der großen Erfolge und der Beginn der Vorherrschaft der Bayern.
DW: Wer war in Deutschland die beste Fußballmannschaft der 70er-Jahre?
Sepp Maier: Naja, von der besten Mannschaft kann man nicht sprechen, wir haben uns immer abgewechselt. Wir Bayern haben dreimal hintereinander den Europapokal gewonnen. Ich muss sagen, dass wir international schon die bessere Mannschaft waren. Wir waren in den 70er Jahren die erfolgreichere und reifere Mannschaft. Die Gladbacher waren impulsiver. Die waren viel beweglicher und bei uns war es mehr so mit Kopf, damals schon. Darum haben sie immer gesagt: die kühlen Bayern.
Die kühlen Bayern und die jungen Wilden...
Genau, genau. Und die jungen Wilden. Na gut, aber die Gladbacher haben auch sehr viele Spiele verloren durch uns, weil sie immer gerannt sind. Wir haben halt unser Spiel gemacht, zack, zack, zack. Und dann haben sie wieder gesagt: Die Bayern haben wieder Glück gehabt, diese Dusel-Bayern. Aber wichtig ist der Sieg. Und den kann man sich auch erspielen, nicht nur körperlich, sondern man muss auch ein bisschen denken. Und da glaube ich, waren wir schon reifer als die Gladbacher damals.
Die Bayern haben mit Kopf gespielt. War das die große Stärke? Oder waren es eher die Personen?
Ich muss sagen, dass wir Älteren vom FC Bayern die großen Erfolge angefangen haben. Wir haben den Grundstein gelegt, für das, was der FC Bayern heute ist. Aber dass sich daraus so ein Unternehmen entwickelt hat, dafür können sich alle nur bei Uli Hoeneß bedanken. Er war früher auch bei uns dabei. Und er hat alles gekannt: von der spielerischen und von der finanziellen Seite. Der Uli hat immer nach Höherem gestrebt. 30, 40 Jahre lang. Mit dem, was der FC Bayern erreicht hat, war der Uli nie zufrieden. Du brauchst eine gute Mannschaft, aber wenn du so einen Mann hast wie den Uli... Sicher brauchst du auch die finanziellen Mittel dazu, aber wenn du so dahinter bist, wie der Uli Hoeneß, dann muss es einfach gut gehen. Und es ist auch immer gut gegangen.
Uli Hoeneß ist in den 70ern schon relativ jung zum Manager geworden. Heutzutage hat man Fußballvereine mit Management. Die Bayern der 70er wirken wie eine Gruppe Freunde, die sich einen Spaß machen und Erfolge wollen. Täuscht da der Eindruck?
Ja wissen Sie, früher... In der jetzigen Zeit ist das nicht mehr möglich, dass einer in so ein Amt reinwachsen kann. Nehmen sie doch den Christian Nerlinger, der ist das beste Beispiel. Der ist auch ein sehr guter Mann gewesen, aber wir haben halt in den beiden Jahren, in denen er da war, keine Erfolge gehabt. Und dann musste Matthias Sammer her, weil irgendjemand ja Schuld sein muss. Obwohl der Nerlinger auch ein super Mann ist. Ich kenne ihn noch als Spieler. Aber auf der anderen Seite, der Uli Hoeneß, der ist 1979 Manager geworden. Der Uli war damals 27 Jahre alt und der FC Bayern war auch gut, aber nicht so wie jetzt, bei weitem nicht so gut. Uli Hoeneß hat Zeit gehabt, diese Mannschaft, diesen Grundstein zu erweitern. Das kannst du zur jetzigen Zeit nicht mehr. Bei Bundesligamannschaften geht es heute um die Existenz. Es hängt so viel dran und da hast du keine Zeit, dass ein Manager zwei, drei Jahre rumwurschteln kann.
Es war wahrscheinlich auch eine andere Atmosphäre.
Ja, ja, logisch. Es war noch familiärer. Was den FC Bayern eigentlich groß gemacht hat, ist eigentlich, dass man immer auf eigene Leute in Führungspositionen zurückgegriffen hat, die etwas verstanden haben vom Fußball. Man hat immer eigene Spieler eingebunden, die älter geworden sind.
Das Gespräch führten Jana Schäfer und Philipp Engelhardt