Art Cologne 2010
21. April 2010Kostümierte Musiker in Frack und Zylinder spielen lautstark Trompete vor dem Haupteingang der Art Cologne. Sie sind Teil eines Kunstprojekts des Dänen Jeppe Hein. "Circus Hein" nennt der Künstler diese Mischung aus Klamauk, Performance und Installation. Es gibt sogar eine Manege, einen Raubtierkäfig und eine Konfettimaschine. Jeppe Hein hat 30 Künstler eingeladen, sich an seinem "Kunst-Zirkus" zu beteiligen. Einige haben Skulpturen beigesteuert, die statt wilder Löwen in einem Raubtierkäfig ausgestellt sind.
Hereinspaziert! Hereinspaziert!
Der Kunstmarkt als Zircus: Die 44. Art Cologne zeigt sich so lebendig und selbstbewusst wie lange nicht. Das ist nicht zuletzt Messedirektor Daniel Hug zu verdanken. Dem 41jährigen Amerikaner mit deutschem Pass ist es gelungen - in nur zwei Jahren Amtszeit - der totgesagten Kunstmesse wieder neuen Glanz zu verleihen. Internationale Topgaleristen sind nach Köln zurückgekehrt, die Teilnehmer kommen aus 23 Ländern. Trotz Flugverbot haben sie alles daran gesetzt, um nach Köln zu reisen. Eine Galerist aus Athen kam mit dem Auto, ein Kollege aus Israel flog bis Nizza und nahm sich dann ein Mietauto. Auf einige wichtige Sammler werde die Art Cologne aber wohl verzichten müssen, meint die Galeristin Eva Winkeler: "Die Sammler, die aus Übersee kommen, die haben abgesagt. Ich glaube, das wird große Einbußen geben."
Starkes Rheinland
Trotzdem: Das Rheinland und seine nähere Umgebung sind bekannt für kunstinteressierte und vor allem kauffreudige Sammler. Rund 200 Galerien locken zu einem Streifzug durch die Kunstgeschichte. Besonders gefragt als Geldanlage sind derzeit Werke der Klassischen Moderne, des Impressionismus und des Expressionismus. Messedirektor Daniel Hug hat deshalb neue Galerien für die Art Cologne gewonnen, die Werke von Gustav Klimt, Egon Schiele oder Pablo Picasso an ihrem Stand zum Kauf anbieten.
Ein Höhepunkt: Die Münchner Galerie Thomas verkauft ein Gemälde von Edvard Munch aus dem Jahr 1916 für 9,5 Millionen Euro. "Dargestellt ist eine enge Freundin von Edvard Munch, die er mehrfach porträtiert hat", erzählt Heike Grossmann von der Galerie Thomas. Das Bild hat eine komplizierte Geschichte hinter sich: Es befand sich von 1921 bis 1937 im Städel Museum in Frankfurt am Main und wurde dann von den Nationalsozialisten aus dem Museum entfernt. So etwas Wertvolles gibt es nur selten außerhalb eines Museums zu sehen.
Deutsche Nachkriegskunst hoch im Kurs
Auch die Werke der Nachkriegszeit erleben eine neue Blütezeit. Die Nagelwerke eines Günther Uecker und anderer Künstler der Gruppe Zero erzielen auf Auktionen Rekordpreise. Die Kunst des Deutschen Informel, die bekannt wurde in den 1950er Jahren durch ihre Abkehr von jeglicher Gegenständlichkeit, fristete jahrzehntelang ein Schattendasein. Doch seit Museen sie wieder neu entdecken, steigt auch das Sammlerinteresse an der gestisch-expressiven Malerei. Marianne Hennemann widmet ihren gesamten Stand den Werken rund um den Düsseldorfer Informel-Maler Karl Otto Götz. Sein Markenzeichen: Mit extremer Dynamik arbeitete der Künstler seine Bilder durch, ohne den Ballast des Gegenständlichen. Für ihn zählte der Augenblick, der eruptive Farbaustrag.
Das Besondere an der Art Cologne ist das Nebeneinander von etablierten und experimentellen Künstlern. Eines der meist beachteten Werke der diesjährigen Kunstmesse ist sicherlich das Gemälde von Neo Rauch. Der Star der Leipziger Schule feierte gerade seinen fünfzigsten Geburtstag und hat schon den Nimbus des großen Meisters. Für seine neo-surreale Malerei gibt es meist lange Warteschlange. Auch sein Galerist Harry Lybke hatte mit "Eigen & Art" der Art Cologne viele Jahre den Rücken gekehrt. Nun ist er wieder zurück. Und auch das beweist: Die Kölner Kunstmesse ist wieder attraktiv – für Rückkehrer aus dem In- und Ausland.
Autorin: Sabine Oelze
Redaktion: Petra Lambeck