Martin Schmidt holt mit Wolfsburg ein Remis
22. September 2017"Noch eine Minute, noch eine Minute!" gellte es mit leichtem schweizerischem Akzent über den Platz in der Münchener Arena. Die Stimme von Martin Schmidt überschlug sich fast. Über 90 Minuten hatte der neue Trainer des VfL Wolfsburg seine Mannschaft nach vorne geschrien, Anweisungen gerufen, seine Profis aufgemuntert. Jetzt, Sekunden vor dem Schlusspfiff, wollte er um keinen Preis nachlassen. Denn einen 0:2-Rückstand zur Pause ausgerechnet beim Angstgegner, dem großen Favoriten FC Bayern, hatte seine Mannschaft verdient aufgeholt. Maximilian Arnold (56. Minute) und Daniel Didavi (83.) erzielten die Treffer, die am Ende zum 2:2 (2:0)-Unentschieden reichten. Direkt zum Einstand schafft Schmidt damit schon fast unmöglich Geglaubtes: Es war der erste Punkt für die Wölfe in München seit 2001, und erst der zweite Punkt überhaupt.
Das Thema Mut
Viel Zeit, die gebeutelten Wölfe wieder zum erfolgreichen Rudel zu machen, hatte Schmidt nicht. Gerade mal zwei Trainingseinheiten absolvierte der Nachfolger des Niederländers Andries Jonker mit dem Team. "Man kennt seine positive Art", sagte Torschütze Arnold, der in München eine Klasseleistung geboten hatte, "er hat es geschafft, wieder Leben in uns zu bringen".
Schmidt selbst war ein anderer Begriff noch wichtiger: Mut. Über Mut hatte er unter der Woche mit seinen Profis gesprochen. "Es nutzt aber nichts, wenn Du das dann im Spiel nicht zeigst", erklärte er seine Marschrichtung gegen die Bayern, "deshalb haben wir im Spiel mit dem Ball bewusst auf ein mutiges 4-4-2 gesetzt. Es war ein Riesenspiel meiner Mannschaft".
Ullreich patzt und bringt die Wölfe zurück
So nachvollziehbar die Wolfsburger Freude über Schmidts gelungenen Einstand ist, so offensichtlich wurden allerdings auch die Schwächen der Bayern. Der Rekordmeister ging in der ersten Hälfte verdient, aber doch glücklich in Führung. Robert Lewandowski bekam einen zweifelhaften Foulelfmeter zugesprochen und verwandelte sicher (33.). Arjen Robben profitierte bei seinem Schuss von der Wade seines Mannschaftskollegen Rafinha. Von dort trudelte das Leder unhaltbar ins Tor. (42.).
In der zweiten Halbzeit fehlten dann Zielgenauigkeit und Glück. "Wir haben zwei oder dreimal die Riesenchance verpasst, für die Entscheidung zu sorgen", haderte Mats Hummels, "am Ende hat uns dann die taktische Disziplin gefehlt, Wolfsburg doch noch zu bezwingen". Stattdessen brachte ein Bayern-Akteur die Wölfe zurück in die Partie: Münchens Keeper Sven Ullreich griff beim Freistoß von Arnold völlig daneben.
Schmidt: "Wollen mit der Arbeit beginnen"
Diese günstigen Umstände wussten die Wolfsburger diesmal zu nutzen. "Da hat man gesehen, es geht in so einem Fall nicht über Taktik. Die Moral, die Mentalität ist ganz wichtig", betonte Schmidt nach der Partie.
Von einem "Schmidt-Effekt" wollte er aber nichts wissen. Vielmehr will er jetzt richtig loslegen: "Ich freue mich auf eine Trainingswoche, wo wir mit der Arbeit beginnen können."