Massendemo gegen Regierung in Hongkong
28. April 2019Zehntausende Menschen haben in Hongkong gegen die Regierung der chinesischen Sonderverwaltungszone demonstriert. Die Organisatoren schätzten, dass weit mehr als 100.000 Menschen teilnahmen. Damit wäre es eine der größten Demonstrationen seit langem. Die Polizei sprach hingegen von 22.800 Teilnehmern.
Viele Demonstranten trugen gelbe Regenschirme als Zeichen der Solidarität mit vier Anführern der gleichnamigen Bewegung. Die Männer waren am Mittwoch zu Haftstrafen bis 16 Monaten verurteilt worden. Sie hatten 2014 die "Regenschirm"-Proteste mit organisiert, bei denen Zehntausende für freie Wahlen und mehr Demokratie in Hongkong auf die Straße gingen. Die Empörung über diese Schuldsprüche trug nach Ansicht von Beobachtern dazu bei, dass die neue Kundgebung großen Zulauf fand.
Todesstrafe weit verbreitet
Offizieller Anlass der Demonstration war ein geplantes Gesetz, das den Behörden erlauben würde, festgenommene Verdächtige an China auszuliefern. Bisher sieht Hongkong von Überstellungen aufs Festland ab, weil das Justizsystem dort wenig transparent und die Verhängung der Todesstrafe weit verbreitet ist.
Anfang des Jahres hatte die Stadtregierung jedoch angekündigt, Auslieferungen nach Festlandchina, Macau und Taiwan künftig zu erlauben. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International erklärte dazu: "Wir sind sehr besorgt, dass jeder nach China abgeschobene Flüchtling dem Risiko der Folter oder anderer Misshandlungen ausgesetzt wird."
Autonomie für ein halbes Jahrhundert
Die frühere britische Kronkolonie Hongkong war 1997 an China zurückgegeben worden. Unter der Formel "ein Land, zwei Systeme" sagte Peking der Wirtschaftsmetropole mit sieben Millionen Einwohnern weitreichende innere Autonomie zu - sie soll für mindestens 50 Jahre bestehen, gerechnet ab dem Ende der Kolonialzeit. In Hongkong gelten daher Grundrechte, die den Bürgern der Volksrepublik sonst vorenthalten werden, etwa Meinungs- und Pressefreiheit.
Die Opposition wirft Peking allerdings vor, sich zunehmend in Hongkongs Angelegenheiten einzumischen und damit die Autonomievereinbarungen zu verletzen. Nach den prodemokratischen Protesten von 2014 hatte die chinesische Zentralregierung die Zügel im Umgang mit der Sonderverwaltungszone noch einmal angezogen.
jj/AR (dpa, afp, rtr)