Massenflucht vor Kämpfen bei Aleppo
15. April 2016Mindestens 30.000 Menschen hätten in den vergangenen 48 Stunden die Flucht ergriffen, teilte die Organisation "Human Rights Watch", HRW, mit. Die Menschenrechtler forderten die Türkei auf, die Grenze für die Flüchtlinge zu öffnen. Sie warf den türkischen Grenzschützern vor, auf einige Menschen, die sich der Grenze näherten, geschossen zu haben.
"Türkei beschießt Flüchtlinge"
"Während Zivilisten vor Kämpfern des 'Islamischen Staates', IS, fliehen, reagiert die Türkei mit scharfer Munition statt mit Mitgefühl", kritisierte HRW. Die Regierung in Ankara wolle damit ihre Forderung nach der Schaffung von "Schutzzonen" für Flüchtlinge auf der syrischen Seite der Grenze durchsetzen.
Unter Berufung auf internationale Helfer und auf Vorsteher von Flüchtlingslagern bei Asas nahe der türkischen Grenze, berichtete die Menschenrechtsorganisation, aus zehn Camps seien mindestens die Hälfte der Bewohner vor dem IS-Vormarsch geflogen. Sie hätten in anderen Lagern an der Grenze und in der nahegelegenen Stadt Asas Zuflucht gesucht. Drei Lager mit einst 24.000 Schutzsuchenden seien inzwischen verwaist.
Unübersichtliche Lage
Bereits am Donnerstag hatte es in der Provinz Aleppo heftige Kämpfe gegeben. Truppen des Regimes von Präsident Baschar al-Assad, Rebellen und IS-Milizen lieferten sich Gefechte um die Kontrolle einzelner Gebiete. Das Militär und seine Verbündeten versuchten, die von Regimegegnern kontrollierten Teile der Großstadt Aleppo von der Außenwelt abzuschneiden. Die Rebellen hätten das Regime jedoch bei Kämpfen um den Ort Handarat und die Al-Mallah-Farmen nördlich der Stadt zurückgedrängt, meldete die in London ansässige Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte. Seit vergangenen Sonntag seien bei den Gefechten mehr als 200 Kämpfer getötet worden.
Sollte die syrische Armee das umkämpfte Gebiet einnehmen, könnte sie die letzte Hauptversorgungsroute der Rebellen in Aleppo in Richtung Türkei unter Beschuss nehmen und eine Blockade über sie verhängen, so die Menschenrechtsbeobachter. Ein Aktivist aus Aleppo warf Russland vor, die Regimetruppen bei der Offensive mit Luftangriffen zu unterstützen.
Gespräche in Genf gehen weiter
Das zwischen Regime und Rebellen geteilte Aleppo, früher die Wirtschaftsmetropole Syriens, ist seit langem umkämpft. Nach Beginn des Waffenstillstands Ende Februar hatte sich die Lage jedoch beruhigt. Der Kampf gegen islamistische Dschihadisten wie den IS und die Al-Nusra-Front ist von der Waffenruhe ausgenommen. UN-Sondervermittler Staffan de Mistura hatte sich am Mittwoch zum Auftakt der dritten Runde der Genfer Syriengespräche besorgt über die brüchige Waffenruhe gezeigt. An diesem Freitag wird die Ankunft der Delegation des Regimes in der Schweiz erwartet.
wl/kle (dpa, afp, rtre)