Medizin für Arme
1. Dezember 2010Das Brutto-Nationaleinkommen pro Kopf und Jahr beträgt in Nepal weniger als 300 US-Dollar. 17 Prozent der Menschen leiden an Unterernährung. Die Sterblichkeitsraten von Neugeborenen und Müttern sind im internationalen Vergleich noch immer hoch.
Arm, krank und ausgegrenzt
Lange fielen die Mittellosen, und mit ihnen etliche Behinderte und alte Menschen, durch alle sozialen Netze. Selbst der Zugang zu einfachster medizinischer Versorgung war ihnen verwehrt.
Sie wurden von der Gesundheitsversorgung ausgeschlossen, weil sie dafür nicht bezahlen konnten. Die Probleme der Armut fanden in Nepal unter der absoluten Monarchie bis in die 1990-er Jahre keine Beachtung. Auch unter den nachfolgenden instabilen demokratischen Regierungen wurde das Problem ignoriert. Erst die Sieben-Parteien-Allianz unter Beteiligung der Maoisten nahm die Herausforderung an, die Armen, Kranken und Ausgegrenzten besser zu versorgen.
Auch in abgelegenen Regionen
Im Januar 2008 kündigte das Ministerium für Gesundheit und Bevölkerung an, mit sofortiger Wirkung jedem Bürger in Nepal den Zugang zu Gesundheitseinrichtungen zu ermöglichen. "Es wurde beschlossen, die Leistungen der Gesundheitsstationen landesweit kostenfrei anzubieten", erläutert Dr. Govinda Prasad Ojha, Leiter der Ministerialabteilung für Gesundheitsfürsorge. Damit konnte jeder Nepalese eine der rund 3700 Gesundheitsstationen als Anlaufstelle für grundlegende medizinische Versorgung aufsuchen. 700 davon liegen in relativ dicht besiedelten, erschlossenen Gebieten; 3000 kleinere hingegen befinden sich in abgelegenen Gebieten mit niedriger Bevölkerungsdichte und schwacher Infrastruktur.
Maßnahme zeigt noch Mängel
Die Abgelegenheit vieler Stationen hat mitunter fatale Folgen: "In manchen Gebieten dauert es bis zu sieben Tage bis ein Patient das Krankenhaus erreicht. Patienten sterben wegen fehlender Transportmittel und fehlender Straßen. Auch der Nachschub an Medikamenten wird hierdurch oft verzögert", beklagt Mahesh Bhatterai, medizinischer Assistent aus Gimdi, eine Region, die nur 30 Kilometer südlich der Hauptstadt Katmandu liegt.
Um Mängel des Konzepts aufzudecken und langfristig auszuräumen, sind alle Gesundheitsstationen aufgerufen, Auswertungsprogramme durchzuführen.
Ein "neues Nepal"
Die Entscheidung der Regierung, die Leistungen der Gesundheitsstationen kostenfrei anzubieten, gilt als Beginn einer neuen Ära. Gesundheit für alle als Aushängeschild eines "neuen Nepal" - jenem kleinen Land im Himalaya, das gerade einen historischen Wandel durchläuft. Nach Wahlen zur verfassungsgebenden Versammlung hat das Land 2008 das Ende der über zweihundertjährigen Monarchie bekannt gegeben und die föderale demokratische Republik ausgerufen. Die Entscheidung, 7,2 Prozent des Jahresbudgets in den Gesundheitssektor zu investieren, darf als wohl wichtigstes Element sozialer Sicherheit betrachtet werden. Mit diesem Schritt nimmt Nepal in der Gesundheitsvorsorge im asiatischen Vergleich einen der vordersten Plätze ein.
Autorin: Beatrix Beuthner
Redaktion: Peter Koppen