Mehdorn will trotz neuer Vorwürfe nicht gehen
29. März 2009Der Bahnchef hält Forderungen nach seinem Rücktritt weiterhin für völlig unangemessen und "politisch motiviert". Wie Mehdorn der "Bild am Sonntag" ("BamS") sagte, stelle sich die Rücktritts-Frage gleich aus zwei Gründen nicht: Die Bahn sei unter seiner Führung gut aufgestellt, und zweitens gebe es in der Datenaffäre weiter keine Hinweise auf Straftaten. Vielmehr, so Mehdorn, wollten offenbar einige den Kurs der Bahn torpedieren und einen "politischen Linkskurs" durchsetzen.
Gezielte Suche nach Kontakten zu Journalisten
Andererseits hatte die Bahn am Samstag (28.03.2009) aber eingestehen müssen, während des Tarifstreits der Lokführer 2007 E-Mails der GDL von den Bahnservern gelöscht zu haben. Zuvor war bekannt geworden, dass der Konzern in den E-Mails von Mitarbeitern gezielt nach Kontakten zu Journalisten gesucht hatte, berichteten gleich mehrere Pressequellen am Freitag. Dabei soll es sich um eine "großflächige" Aktion gehandelt haben. E-Mails, in denen die Namen bestimmter Journalisten auftauchten, seien ohne Wissen der betroffenen Mitarbeiter automatisch an eine interne Kontrollinstanz weitergeleitet worden. Mehdorn bekräftigte dagegen, dass weiterhin keine strafrechtlich relevanten Verstöße festgestellt worden seien.
Zuvor hatten die Gewerkschaften Transnet, GDBA und GDL erstmals seit der seit Monaten köchelnden Datenaffäre geschlossen Mehdorns Abschied gefordert. Die Sonder-Ermittler, die den Skandal aufklären sollen, berichteten im Aufsichtsrat über ihre bisherigen Untersuchungs-Ergebnisse. Eine Wirtschaftsprüfungs-Gesellschaft sowie die ehemaligen Bundesminister Gerhart Baum (FDP) und Herta Däubler-Gmelin (SPD) werteten dafür viele Akten aus und vernahmen auch Mitarbeiter des Unternehmens als Zeugen. Über Details sagten sie öffentlich nichts. Endgültiges versprachen sie für Mai.
Mehdorn: Wusste von nichts
Zwischen 1998 und 2006 wurden mindestens fünf Mal heimlich die Daten von Mitarbeitern und Lieferanten der Bahn in großem Stil abgeglichen. Teilweise waren mehr als 200.000 Mitarbeiter betroffen. Datenschutzbeauftragte und Arbeitnehmervertretungen wurden dabei übergangen. Vorstandschef Mehdorn wusste nach eigenen Angaben nichts vom Ausmaß der Initiativen zur Korruptionsbekämpfung. Die Bahn hat in eigenen Berichten bereits 43 unterschiedliche Aktionen zugegeben, bei denen sie auch Rechtsverstöße nicht mehr ausschließt.
Informiert über Pläne und Streiks
Die Lokführergewerkschaft GDL verdächtigt die Unternehmensführung deshalb der Bespitzelung. Während des großen Tarifstreits der Lokführer vor anderthalb Jahren sei auffällig gewesen, wie genau die Bahnspitze über Streikaktionen und Terminpläne informiert gewesen sei, sagte der Vorsitzende Claus Weselsky. Am Samstag hatte die Bahn dann eingestanden, während der Streiks E-Mails der GDL gelöscht zu haben. (win/gri/lu/dpa/ap/rtr/afp)