Mehr als 100 Tote bei Anschlagsserie in Bombay
26. November 2008Mehrere schwer bewaffnete Angreifer stürmten in der Nacht zum Donnerstag (27.11.2008, Ortszeit) Luxushotels, Krankenhäuser, ein Restaurant und den Hauptbahnhof von Bombay, wie die Polizei des Bundesstaats Maharashtras mitteilte. Die Täter schossen mit Schnellfeuerwaffen wild um sich und warfen Handgranaten. Polizisten feuerten zurück und versuchten, die Angreifer zu überwältigen.
Geiselnahme in Hotels
In zwei Hotels nahmen die Täter mehrere Geiseln. In dem historischen Hotel Taj Mahal, das nach mehreren Explosionen teilweise brannte, befand sich auch eine europäische Parlamentariergruppe, die an einer EU-Indien-Konferenz teilnehmen wollte.
Das Hotel im Stadtzentrum wurde von schwer bewaffneten Soldaten gestürmt. Dabei wurden nach örtlichen Medienberichten rund 70 Geiseln befreit. Dennoch halten sich Terroristen darin immer noch mit einer unbekannten Zahl von Geiseln verschanzt. Mehrere Krankenwagen fuhren vor. Rund um das Taj Mahal wurde inzwischen ein Ausgehverbot verhängt. Auch im nahe gelegenen Hotel Oberoi sind Gäste in der Hand von Geiselnehmern. Das Gebäude wird von Polizei und Armee belagert.
Lage weiter angespannt
Die Lage in Bombay ist immer noch angespannt. Mehrere Stunden nach der schweren Anschlagswelle waren immer noch Schüsse zu hören.
Insgesamt attackierten die Terroristen angeblich zwischen 10 und 17 Ziele, darunter den Bahnhof, Krankenhäuser, Polizeiwachen und "Leopold's Restaurant", ein beliebtes Touristenziel. Dabei wurden teilweise auch Handgranaten gezündet. Bei Schusswechseln mit der Polizei wurden mehrere Verdächtige erschossen, andere wurden verhaftet.
Ausländische Opfer
Unter den mehr als 100 Toten sind der Anti-Terror-Chef der örtlichen Polizei, Hemant Karkare, und einige hohe Polizeioffiziere. Auch mehrere Ausländer wurden offenbar getötet. Augenzeugen berichteten, die Täter hätten es vorrangig auf Briten und US-Bürger abgesehen. Ob es deutsche Opfer gibt, ist noch unklar. Das Auswärtige Amt in Berlin teilte mit, das deutsche Generalkonsulat in Bombay stehe in Kontakt mit den indischen Behörden.
Zu den Anschlägen bekannte sich die bislang kaum bekannte islamistische Gruppe "Deccan Mudschaheddin", wie die indische Nachrichtenagentur PTI meldete. Die Organisation übernahm in E-Mails an mehrere indische Medien die Verantwortung für die Taten. Indiens Innenminister Shivraj Patil sprach von einer Verschwörung.
Empörung und Unterstützung
Der gewählte US-Präsident Barack Obama verurteilte die Terrorserie in Bombay scharf. Er sei "in Gedanken und in seinen Gebeten bei den Opfern", sagte ein Sprecher Obamas. Die koordinierten Anschläge auf unschuldige Zivilisten zeigten, wie ernst die Bedrohung durch den Terrorismus sei. Die USA müssten ihre Partnerschaft mit Indien und anderen Nationen in der Welt stärken, um die terroristischen Netzwerke zu zerstören.
Die französische EU-Ratspräsidentschaft betonte, Europa stehe an der Seite der indischen Nation. Auch die britische Regierung sagte Indien volle Unterstützung im Kampf gegen den Terror zu. Außenminister David Miliband erklärte, die Anschläge zeigten ein weiteres Mal das Ausmaß der Bedrohung, das von gewaltbereiten Extremisten ausgehe.
Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier verurteilte die Anschläge im Namen der deutschen Bundesregierung "auf das Schärfste".
Indien wiederholt Ziel von Anschlägen
Indien wurde in den vergangenen Monaten wiederholt von Anschlägen erschüttert. Im Oktober kamen bei einer Anschlagserie im nordöstlichen Bundesstaat Assam mehr als 70 Menschen ums Leben, Mitte September wurden bei Anschlägen in der Hauptstadt Neu Delhi 24 Menschen getötet. Im Juli 2006 waren bei einer schweren Anschlagsserie in Bombay etwa 190 Menschen getötet und hunderte verletzt worden.
Die Hafenstadt Bombay am Arabischen Meer ist das Finanzzentrum Indiens und zugleich dessen führender Handels- und Industrieplatz. Als Filmmetropole Indiens wird die Stadt auch als "Bollywood" bezeichnet. Die sowohl von Reichtum als auch bitterster Armut geprägte 13-Millionen-Einwohner-Stadt im Westen des Landes ist noch vor Kalkutta und der Hauptstadt Neu Delhi die größte Stadt Indiens. (gri)