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Nicht nur Drogenprozess: Der Fall Griner

28. Juli 2022

US-Basketballstar Brittney Griner steht in Russland wegen Besitz und Schmuggel von Drogen vor Gericht. Sie könnte Teil eines Gefangenenaustauschs werden. Die wichtigsten Fragen und Antworten rund um den Fall.

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US-Basketballstar Brittney Griner im Gerichtsgebäude im Moskauer Vorort Khimki
US-Basketballstar Brittney Griner (r.) im Gerichtsgebäude im Moskauer Vorort KhimkiBild: Alexander Zemlianichenko/AP Photo/picture alliance

Seit Anfang Juli läuft vor einem Gericht im Moskauer Vorort Khimki der Prozess gegen US-Basketballerin Brittney Griner. Die Verhandlung fällt in eine Zeit, in der sich die Beziehungen zwischen den USA und Russland wegen des russischen Angriffskriegs in der Ukraine auf einem Tiefpunkt befinden.

Wer ist Brittney Griner?

Die 31-Jährige gehört zu den Stars der nordamerikanischen Basketballliga WNBA. Die 2,06 Meter große Profi-Basketballerin spielt seit 2013 für Phoenix Mercury, mit denen sie 2014 die Meisterschaft holte. Die WNBA kürte Griner zweimal (2014, 2015) zur besten Defensivspielerin des Jahres, zweimal (2017, 2019) war sie die erfolgreichste Werferin der Liga. Siebenmal stand Griner im WNBA-All-Star-Team. Auch für das diesjährige All-Star-Game am 10. Juli in Chicago wurde die in Russland inhaftierte Spielerin ehrenhalber in das Aufgebot gewählt. Mit der US-Nationalmannschaft gewann Griner je zweimal olympisches Gold (2016 in Rio, 2021 in Tokio) und den WM-Titel (2014 in der Türkei, 2018 in Spanien).

Brittney Griner beim Aufwärmen für das olympische Finale 2021 in Tokio
Brittney Griner wurde mit dem US-Team 2021 in Tokio zum zweiten Mal OlympiasiegerinBild: Richard Ellis/UPI Photo/IMAGO

Griner steht seit vielen Jahren offen zu ihrer Homosexualität. Seit 2019 ist sie in zweiter Ehe mit Cherelle Griner verheiratet.

Was werfen die russischen Behörden Griner vor?

Griner wurde am 17. Februar 2022 - wenige Tage vor Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine - am Moskauer Flughafen Scheremetjewo festgenommen. Nach Angaben der russischen Behörden hatte sie auf ihrem Flug von New York nach Moskau eine E-Zigarette sowie mit Cannabis-Öl gefüllte Kartuschen im Gepäck. In den USA ist diese Substanz legal, in Russland dagegen verboten. Griner drohen im Falle einer Verurteilung wegen Drogenbesitzes und -schmuggels bis zu zehn Jahre Haft.

In den sozialen Netzwerken wurde spekuliert, dass der Basketballspielerin das Cannabis-Öl möglicherweise untergeschoben wurde, da der Transport der Substanz auch auf US-Flügen untersagt ist. Griners Anwältin lehnte einen Kommentar unter Hinweis auf das laufende Verfahren ab. "Ich hatte es weder erwogen noch geplant, verbotene Substanzen nach Russland zu bringen", sagte die 31-Jährige dazu bei der Gerichtsverhandlung am 27. Juli. Sie habe nicht das russische Gesetz brechen wollen, sondern habe "schnell gepackt" und auch keine Absicht gehabt, die Substanzen in Russland zu sich zu nehmen.

Warum reiste Griner nach Russland?

Obwohl sie ein Star der WNBA ist, verdient Griner nur einen Bruchteil dessen, was ihre männlichen Kollegen in der NBA einstreichen. Seit 2013 zog es sie deswegen - wie andere US-Spielerinnen auch - immer wieder ins Ausland, um während der Spielpause der WNBA zusätzliches Geld zu verdienen. Zunächst spielte sie zwei Nebensaisons in China, ehe sie ab 2015 für den russischen Erfolgsklub UGMK Jekaterinburg auf Korbjagd ging.

US-Basketballfans fordern die Freilassung von WNBA-Star Griner
US-Basketballfans fordern die Freilassung von WNBA-Star Griner Bild: Ringo Chiux/Imago Images

Die Auslandseinsätze sind für WNBA-Topspielerinnen sehr lukrativ. Die aktuell festgeschriebene Gehaltsobergrenze in der US-Liga liegt bei 228.094 Dollar (rund 217.000 Euro) jährlich. Mit russischen Klubs, die häufig im Besitz superreicher Oligarchen sind, können die Stars mehr als das Dreifache aushandeln. Griner soll in Jekaterinburg bis zu einer Million Dollar pro Saison verdient haben.

Welche Rolle spielt die Politik im Fall Griner?

Politische Beobachter gehen davon aus, dass der Fall Griner schon deutlich früher vor ein russisches Gericht gebracht worden wäre, würde ihr Fall nicht eine Rolle in den Planungen von Präsident Wladimir Putin spielen. "Ich denke, es gibt keinen Zweifel daran, dass ihre Festnahme und die Fortsetzung der Inhaftierung nur dazu dienen, sie zu einer Geisel und zu einem Teil dieses Schachspiels zu machen", sagte der demokratische Senator des US-Bundesstaates Virginia, Tim Kaine. "Wladimir Putin und die Russen wollen sie als Verhandlungsmasse benutzen."

Auch Cherelle Griner bezeichnete ihre Ehefrau als "politisches Pfand". In einem offenen Brief forderte sie US-Präsident Joe Biden und Vizepräsidentin Kamala Harris auf, ihre Macht zu nutzen, damit Griner freikomme. Mehr als 40 US-Organisationen, darunter die Basketballerinnen-Gewerkschaft WNBPA, unterzeichneten den Brief. Darauf reagierte Adrienne Watson, Sprecherin des Nationalen Sicherheitsrates, mit einer Erklärung: "Präsident Biden hat deutlich gemacht, dass alle US-Bürger, die im Ausland als Geiseln oder zu Unrecht festgehalten werden, freigelassen werden müssen, auch Brittney Griner." 

Am 4. Juli bat Griner Biden anlässlich des amerikanischen Nationalfeiertages in einem Brief persönlich um Hilfe: "Während ich hier in einem russischen Gefängnis sitze, allein mit meinen Gedanken und ohne den Schutz meiner Frau, Familie und Freunde, ohne Olympia-Trikot oder anderes, habe ich Angst, dass ich für immer hier sein könnte."

Griner als Teil eines Gefangenenaustauschs?

Die Wahrscheinlichkeit, dass die US-Basketballerin das Gericht in Moskau als freie Frau verlässt, ist sehr gering. Nur zwischen einem und zwei Prozent aller Prozesse in Russland enden mit Freisprüchen. Realistischer ist ein Gefangenaustausch wie im vergangenen April: Damals kamen der in Russland inhaftierte US-Amerikaner Trevor Reed und im Gegenzug der in den USA verurteilte russische Pilot Konstantin Jaroschenko frei.

Die russische Nachrichtenagentur TASS hatte unter Berufung auf Regierungskreise in Moskau berichtet, Griner könnte gegen Viktor Bout ausgetauscht werden. Der russische Waffenhändler war 2012 in den USA wegen Verschwörung zum Mord an US-Bürgern und Unterstützung einer terroristischen Organisation zu 25 Jahren Haft verurteilt worden.

US-Außenminister Antony Blinken gab bei einer Pressekonferenz am 27. Juli bekannt, er wolle "in den kommenden Tagen" mit seinem russischen Amtskollegen Sergej Lawrow telefonieren. Dabei solle es auch um die Freilassung Griners und ihres ebenfalls in Russland inhaftierten Landsmanns Paul Whelan gehen, sagte Blinken. Die US-Regierung habe Moskau dazu "schon vor Wochen einen substanziellen Vorschlag auf den Tisch gelegt". Einzelheiten zu dem Angebot nannte Blinken nicht.

Der Artikel wurde am 28. Juli aktualisiert. 

DW Kommentarbild Stefan Nestler
Stefan Nestler Redakteur und Reporter