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Mehr Mitspracherecht bei EU-Fragen

18. August 2009

Seit einigen Wochen streiten sich Bundes- und Landespolitiker um Kompetenzen bei EU-Fragen. Union und SPD haben sich jetzt auf einen Kompromiss geeinigt.

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Eine Deutschland- und eine Europa-Flagge (Foto: dpa)
Bund und Länder haben in der EU auch ein Wörtchen mitzuredenBild: DW

CDU/CSU und Sozialdemokraten kommen damit einer Forderung des Bundesverfassungsgerichts nach. An den mehrwöchigen Beratungen waren auch Vertreter der Opposition und der Länder beteiligt. Grüne und FDP tragen den Kompromiss mit, die Linke nicht. Damit könnte das Gesetz wie geplant zum 1. Oktober in Kraft treten. Im Bundestag soll es am 26. August in erster sowie am 8. September in zweiter und dritter Lesung beraten und schließlich beschlossen werden. Der Bundesrat will am 18. September dem Entwurf zustimmen.

"Es war ein harter Kampf", sagte der Verhandlungsführer der Länder, Baden-Württembergs Europaminister Wolfgang Reinhart (CDU) nach der Sitzung am Dienstag (18.08.2009). Für Ihn ist klar: "Die Interessen der Länder sind ausreichend berücksichtigt." Das Bundesverfassungsgericht hatte den EU-Reformvertrag von Lissabon im Juni grundsätzlich gebilligt, aber mehr Mitwirkungsrechte von Bundestag und Bundesrat gefordert. Deshalb muss der Bundestag ein neues Begleitgesetz schaffen.

Mitwirkungsrechte werden gestärkt

Reinhart sitzt neben Oettinger (Foto: dpa)
Wolfgang Reinhart, der Verhandlungsführer der Bundesländer, ist mit dem Kompromiss zufriedenBild: DW / Cristian Stefanescu

Die Mitwirkungsrechte von Bundestag und Bundesrat bei EU-Entscheidungen werden gestärkt. Mit den entsprechenden Gesetzesänderungen, auf die sich CDU, CSU und SPD am Dienstag verständigt haben, wird das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom Juni 2009 umgesetzt. Die Karlsruher Verfassungshüter hatten im Grundsatz grünes Licht für die Ratifizierung des Lissabon-Vertrages zur Stärkung der Europäischen Union (EU) gegeben, aber stärkere Rechte für den Bundestag und vor allem die Länderkammer verlangt.

Was soll nun konkret passieren? Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts betrifft zwei Bereiche: Wenn Zuständigkeiten oder Abstimmungsregeln in der EU verändert werden, muss der Bundestag vorher zustimmen.

Bundestag muss früh unterrichtet weren

Wahlszene aus dem deutschen Bundestag (Foto: dpa)
Auch im Bundestag kann es zu Abstimmungen bei EU-Fragen kommenBild: picture-alliance/ dpa

Die Bundesregierung ist bei der Übertragung von Souveränitätsrechten auf die EU also auf eine Ermächtigung des Bundestages angewiesen. Nicht zustimmen, aber mitwirken kann der Bundestag, wenn EU-Organe Recht setzen. Der Bundestag muss dann von der Bundesregierung frühzeitig unterricht werden, hat auch das Recht auf eine Stellungnahme. Aber: Die Regierung ist an diese Stellungnahme nicht gebunden, sondern darf aus "wichtigen außen- und integrationspolitischen Gründen" davon abweichen.

Der EU-Rat kann ohne Vertragsänderung vom Grundsatz der Einstimmigkeit dazu übergehen, dass Entscheidungen mit qualifizierter Mehrheit getroffen werden. Bei Wegfall der Einstimmigkeit verliert Deutschland - wie jedes andere Land auch - automatisch seine Veto-Möglichkeit. Nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts muss daher der Bundestag jeder Änderung der Abstimmungsregeln zustimmen.

Bundesregierung muss auf Bundestag hören

Der Bundesrat, von der Decke aufgenommen (Bild: AP)
Ein Blick in den Plenarsaal des Bundesrates in BerlinBild: AP

Die EU kann bei einer Regelung in ihrem Zuständigkeitsbereich feststellen, dass sie für eine vernünftige Regelung nicht die vollständige Kompetenz hat. Den erforderlichen Rest an Kompetenz kann sie dann einfach an sich ziehen. Auch dem muss laut Verfassungsgericht künftig der Bundestag zustimmen.

Wenn im Ministerrat eine Entscheidung mit Mehrheit getroffen wird, kann ein unterlegenes Land per Notbremse verlangen, dass das Thema in den EU-Rat getragen wird. Da dort Einstimmigkeit gilt, kann es somit sein Veto-Recht erzwingen. Laut Verfassungsgericht muss die Bundesregierung auf die Bremse treten, wenn der Bundestag die Notbremse verlangt. (mbö/gri/afp/ap/dpa)