Mein Kunst-Stück
8. März 2007Lucas Cranachs großes Tableau über den Traum von der ewigen Jugend ist eine Reise in die Welt von Renaissance und Reformation. Zu bewundern ist dieser uralte Menschheitstraum in der Galerie der Alten Meister auf dem von Lucas Cranach dem Älteren 1546 gemalten Bild "Der Jungbrunnen": Im Wasser verwandeln sich alte Weiber in reizvolle junge Geschöpfe. Der Betrachter sieht die Geschichte dieser Metamorphose. Für den Regisseur hat die ungewöhnliche Szenerie großen Reiz – "und natürlich ein bisschen was Schräges".
Hochaktuell: Wellness und Anti-Ageing im Liebes-Brunnen
Unter dem hoffnungslosen Blick des Arztes werden scharenweise Greisinnen zur radikalen Verjüngungskur herbeigekarrt. "Was ich hochaktuell an dem Bild finde", erklärt Nasr, "ist, dass die Menschen Angst davor haben, alt zu werden. Wo wir gehen und stehen, sehen wir heutzutage ja wahnsinnige Versuche der Menschen, diesen Verfall aufzuhalten. Und alles Mögliche auszuprobieren, um eben zumindest äußerlich nicht zu altern."
Die Frauen verjüngen sich körperlich allein schon durch den Kontakt mit dem Wasser, die Männer aber erst durch die Liebe zu einer der wieder jung gewordenen Frauen. "Das ist natürlich schon eine sehr männliche Sicht der Dinge", kommentiert der Filmemacher. Fast neidisch schaut er auf die Fülle der Geschichten, die in einem einzigen, fast 500 Jahre alten Bild erzählt werden. "Man stößt an seine Grenzen, weil hier eine Gleichzeitigkeit hergestellt wird, etwas, was wir im Film nie darzustellen vermögen. Hier aber gibt mir das Bild Tausende von Möglichkeiten, zu schauen und zu verweilen, oder vielleicht nur einen Ausschnitt anzugucken. Hinsichtlich der Möglichkeiten, die ich als Rezipient habe, ist es dem Film weit überlegen."
Menschliche Grundzüge, sichtbar gemacht
Das Schönheitsideal der Zeit war ziemlich eindeutig. Die verjüngten Damen sehen nach der Kur beinahe aus wie geklont. "Man kann es als Kommentar zum Leben an sich sehen, dass die Individualität etwas ist, was man durch das Leben selbst erhält, und nicht etwas, das einem schon von Jugend an mitgegeben ist", meint Nasr.
Bei den Alten Meistern entdeckt er viel universell Gültiges, Grundzüge des Menschen, wonach er strebt und wonach er sich sehnt, oder wovor er Angst hat. Sein Resümee: "Das hat sich eigentlich kaum verändert. Und das sieht man total schön an dem Bild."