AfD startet geschwächt ins Wahljahr 2021
Die AfD ist schon einzigartig. In welcher anderen demokratischen Partei würde ein Vorsitzender einem Teil seiner Partei den Austritt nahe legen? Und zwar denjenigen, die gerade dabei sind, neue Wählerschichten anzusprechen? Es geht dabei um die nicht kleine Gruppe von Gegnern der Corona-Politik der deutschen Regierung, die sich unter dem Label "Querdenker" versammeln. Die AfD könnte diese Wählerschaft gut gebrauchen, denn sie hat bislang von der Pandemie nicht profitieren können - die Umfragewerte stagnieren oder sinken.
Andere versuchen, Arbeiter von der AfD zu überzeugen. Doch Jörg Meuthen, einer von zwei Parteivorsitzenden, will mit "Proleten" und dem "Zirkus Kunterbunt" von "Querdenken" nichts zu tun haben. Wer Revolution wolle, solle das "woanders, aber bitte nicht in der AfD tun". Schon einmal, im Frühjahr, hatte sich Meuthen von einem Teil der Partei distanziert, woraufhin ihm eine bewusste Spaltung vorgeworfen wurde.
Typisch für die AfD
Schon zwei Vorsitzende vor Meuthen haben versucht, die Partei in ihre Denkrichtung zu schieben. Das hat mit den beiden Lagern der Partei zu tun, die um die Vormachtstellung kämpfen. Zum einen sind da diejenigen, die angeblich viel Wert auf bürgerliche Etikette legen - wie Meuthen. Zum anderen diejenigen, die sich eher beim Bier in der Kneipe um die Ecke wohlfühlen und mit denen reden, die keinen Uni-Abschluss haben. Die "Bürgerlichen" träumen von einer besseren CDU oder FDP. Die anderen wollen Überläufer von allen Parteien bekommen und auch den rechtsextremen Rand bedienen.
So ein Machtkampf von der Spitze aus endete immer mit dem politischen Ende der jeweiligen Person und führte dazu, dass die beiden Lager auf allen Partei-Ebenen aufeinander los gingen. Es wirft ein bedenkliches Licht auf die Partei, dass sie seit ihrer Gründung 2013 keinen Weg des teamorientierten Umgangs miteinander gefunden hat. Wenn das Ziel der politischen Auseinandersetzung das Vernichten des Anderen in den eigenen Reihen ist, dann zeigt das, wie ausgeprägt ein ungesundes Freund-Feind-Denken ist, und wie stark letztlich der Hang zum Autoritären ist.
Disziplin statt Diskussion
Statt über das Verhältnis zu den "Querdenkern" zu diskutieren, forderte der Parteivorsitzende Meuthen "Disziplin". Auch wenn bei Meuthen hinter der Aktion die Angst vor dem Verfassungsschutz stecken mag - der will demnächst entscheiden, wie die Partei ihrer Meinung nach zur Verfassung steht -,stellt sich die Frage: Warum wählte Meuthen die Bühne eines Parteitags anstatt die Diskussion im Vorfeld zu führen und zu moderieren?
In das kommende Wahljahr in Deutschland mit sechs Landtagswahlen und der Bundestagswahl im Herbst geht die AfD geschwächt. Nicht nur, dass die Umfragewerte stagnieren. Nicht nur, dass der innerparteiliche Streit weiter tobt, auch inhaltlich fehlen die Highlights. Auf dem jetzt stattgefundenen Parteitag sollte ein eigenes Rentenprogramm für Schlagzeilen sorgen. Doch das ging nun unter, weil man sich wieder stritt - kurz gesagt: Es ist auch kein großer Wurf. Und die Diskussion über eine Art Grundeinkommen, einem mal echt modernen Ansatz, ließen die Delegierten des Parteitags gar nicht erst zu.
Und Meuthen? Der entging nur knapp einer Missbilligung durch den Parteitag, was wohl seinen Rückzug zur Folge gehabt hätte. Doch das andere Lager wird sicherlich nicht ruhen.