Jedes Jahr am 20. November begeht die Welt den Tag der Industrialisierung Afrikas. Dieser Tag soll die afrikanischen Länder daran erinnern, wie wichtig die industrielle Entwicklung für ein nachhaltiges und alle einschließendes Wirtschaftswachstum ist.
Als Kontinent junger Menschen (das Durchschnittsalter liegt bei 19,7 Jahren) und einem geschätzten Anstieg der Bevölkerung auf 2,5 Milliarden im Jahr 2050 wurde den afrikanischen Ländern stets nahe gelegt, die industrielle Entwicklung voranzutreiben. Nur so könnten die Armut zu beseitigt und Arbeitsplätze für die Jugend geschaffen werden. Allein um mit dem Bevölkerungswachstum Schritt zu halten, müssen jedes Jahr rund 20 Millionen neue Arbeitsplätze entstehen.
Die Folgen des Freihandels für die Industrialisierung
Seit der großen Unabhängigkeitswelle, die den Kontinent in den 1960er-Jahren erfasste, haben die afrikanischen Staaten verschiedene Strategien zur Industrialisierung ausprobiert. Während des Kalten Krieges erhielten die Länder, die einem planwirtschaftlichen Konzept folgten, Hilfe aus dem Ostblock, während die marktwirtschaftlich orientierten Staaten vom Westen unterstützt wurden.
Mit dem Ende des Kalten Krieges entstand eine globale liberale Ordnung. Der Internationale Währungsfonds und die Weltbank entwickelten Programme zur Strukturanpassung - eine Reihe von Wirtschaftsreformen, die arme Länder vornehmen mussten, um Kredite zu erhalten. Eines der Hauptkriterien war die Öffnung ihrer Märkte für den freien Welthandel.
Freihandel bedeutete, dass nun subventionierte Produkte aus den Industrieländern zu Dumpingpreisen in afrikanische Länder exportiert werden konnten. Wodurch natürlich alle lokalen Industrialisierungsprozesse untergraben wurden. Dies hat bis heute zur Folge, dass viele afrikanische Länder nach wie vor nur Rohstoffe liefern, während der Großteil der Wertschöpfung in der verarbeitenden Industrie außerhalb des Kontinents erbracht wird.
Fortschritte trotz aller Probleme
Trotz der zahlreichen politischen und wirtschaftlichen Herausforderungen, mit denen die afrikanischen Länder konfrontiert sind, werden dennoch Fortschritte erzielt. Die Daten für das zweite Quartal 2021 belegen, dass die Produktion des verarbeitenden Gewerbes in Afrika um vergangenen Jahr um 17,8 Prozent gestiegen ist. Doch in Anbetracht des Klimawandels ist es fraglich, ob die Industrialisierung in Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen wirklich fortgesetzt werden sollte.
Die Länder, die am wenigsten für die Ursachen des Klimawandels verantwortlich sind, leiden am stärksten unter seinen Auswirkungen, insbesondere unter Wassermangel und fehlender Ernährungssicherheit. Die afrikanischen Länder gehören größtenteils zu denen, die vom Klimawandel besonders betroffen sind. Wäre der der Kontinent also wirklich gut beraten, die alten Wege der Industrialisierung fortzusetzen, die zur aktuellen Klimakrise geführt haben?
Nachhaltige Industrialisierung als Weg in die Zukunft
Afrika kann viel von anderen Regionen lernen und einen Weg zur nachhaltigen Industrialisierung einschlagen. Alle Potenziale für alternative Energien wie Wind, Sonne und Wasser sind auf dem Kontinent reichlich vorhanden und können für eine Industrialisierung mit CO2-freier Energie genutzt werden.
Auch wenn der Übergang zu einer grünen Wirtschaft gewiss seinen Preis hat, ist es besser, die langfristigen Auswirkungen zu berücksichtigen. Wenn wir jetzt richtig handeln, wird es auf lange Sicht billiger sein. Die Potenziale sind vorhanden - jetzt geht es darum, sie zu nutzen. Es ist die Chance der afrikanischen Staats- und Regierungschefs, der Welt ein Vorbild für eine nachhaltige Industrialisierung zu sein.
Dieser Text wurde aus dem Englischen adaptiert von Felix Steiner