Stärker könnte sich die designierte Nachfolgerin von Ruth Bader Ginsburg kaum von dieser unterscheiden. Die Oberste Richterin, die vor mehreren Tagen nach einem langen Krebsleiden starb, hatte ihr Leben dem Kampf für die Gleichberechtigung der Geschlechter gewidmet, sie focht für das Recht auf Abtreibung und kämpfte gegen die Diskriminierung von Minderheiten, forderte eine Gesundheitsversorgung für alle und stritt für eine menschenwürdige Einwanderungspolitik.
Donald Trumps Wahl für ihre Nachfolge am Supreme Court fiel auf die 48-jährige Amy Coney Barrett, die in vielen Bereichen für das genaue Gegenteil steht. Die bekennende Katholikin ist gegen Abtreibung, unterstützt Trumps restriktive Einwanderungspolitik und kämpft gegen eine Gesundheitsversorgung aller Amerikanerinnen und Amerikaner. Eine Entscheidung, die die explosive Stimmung weiter anheizen dürfte, in diesem Land, das gespalten ist wie nicht mehr seit dem Bürgerkrieg, in dem es um die Befreiung von Sklaven ging.
Bis nach der Wahl warten
Dabei ist die Entscheidung von Donald Trump, den frei gewordenen Sitz in diesem so wichtigen Gericht noch vor den Wahlen zu besetzen, unabhängig von der konkreten Person umstritten. Viele sagen, dass so kurz vor der Präsidentschaftswahl die Wählerinnen und Wähler entscheiden sollten, aus welchem Lager der nächste Oberste Richter kommt. Entsprechend sollte erst der Präsident gewählt werden. Und dieser sollte dann den auf Lebenszeit vergebenen Posten besetzten. Eine Position, die auch der demokratische Präsidentschaftskandidat Joe Biden vertritt.
Biden selbst hat zwar noch keine Kandidatin vorgestellt, aber er hat in Aussicht gestellt, eine liberale Afroamerikanerin zu benennen, die gegen Diskrimierung kämpft, für strengere Waffengesetze, eine Gesundheitsversorgung und eben auch das Recht auf Abtreibung - und damit das Erbe von Ruth Bader Ginsburg auch inhaltlich fortsetzen würde.
Drei Richter-Stellen besetzt
Es ist sehr allerdings sehr wahrscheinlich, dass der republikanisch dominierte Senat Barrett noch vor der Amtseinführung des nächsten Präsidenten als Oberste Richterin ernennt. Damit hätte Donald Trump dann drei Richter-Posten im Supreme Court besetzt und den Obersten Gerichtshof noch weiter nach rechts gerückt.
Aufgrund der Altersstruktur der amtierenden Richter ist es durchaus möglich, dass Trump bei einer Wiederwahl noch einen vierten Richter-Posten wird besetzten können. Ein Argument, das unentschiedene Republikaner durchaus überzeugen könnte, noch einmal für Trump zu stimmen. Denn sollte das gelingen, wäre das Oberste Gericht für Jahrzehnte fest in republikanischer Hand, ohne dass kommende Präsidenten oder Abgeordnete daran etwas ändern könnten. Es gibt nicht wenige, die bereit sind, dafür vier weitere Jahre Donald Trump in Kauf zu nehmen.