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Politik

Joe Biden rührt keinen Finger für Europa

Kommentarbild Dijana Roscic
Dijana Roscic
7. Februar 2021

Europa muss sein Schicksal in die eigene Hand nehmen, stellte Angela Merkel 2017 fest. Das gilt erst recht in der Pandemie und obwohl Joe Biden inzwischen US-Präsident ist, meint Dijana Roscic.

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US-Präsident Joe Biden hält seinen Maßnahmenplan zur Bekämpfung von Corona hoch, der nicht eben zum Vorteil von Europa. Links US-Vizepräsidentin Kamala Harris vor einer US-Flagge - REUTERS/Jonathan Ernst
US-Präsident Joe Biden mit seinem Maßnahmenplan zur Bekämpfung von Corona - nicht eben zum Vorteil von Europa. Links US-Vizepräsidentin Kamala HarrisBild: Jonathan Ernst/REUTERS

Die Vereinigten Staaten haben gegenwärtig (zu) viel COVID-19-Impfstoff. Von etwa 59 Millionen verfügbaren Dosen waren - Stand 6. Februar - nur etwa 39 Millionen verbraucht. In den USA wird zur Hälfte Moderna, ein rein amerikanisches Produkt, und das Vakzin von BioNTech-Pfizer verimpft. Dieser Impfstoff wurde vom jungen und vergleichsweise kleinen Unternehmen BioNTech in Mainz entwickelt und ist gemeinsam mit dem US-Pharmariesen Pfizer vor allem in Europa zur Marktreife und Zulassung gebracht worden. Inzwischen wird der Stoff an drei großen Standorten in den USA und einem in Belgien produziert.

Vor kaum einem Monat hat Großbritannien den Brexit nun auch wirtschaftlich vollzogen. Das Land impft ebenfalls so schnell es nur kann. Von Mangel an Impfstoff ist auch hier keine Rede: AstraZeneca betreibt zwei Produktionsstätten auf der Insel - dazu wird außerdem Impfstoff von Pfizer-BioNTech aus Belgien importiert.

Noch mindestens zwei Monate Mangel

Deutschland und die gesamte EU - wo Impfstoff weiterhin absolute Mangelware ist - sehen zu und staunen. "Was ist bei uns schief gelaufen?" fragen Bürger, Medien und Politiker immer drängender. Die Unzufriedenheit wächst und wurde in den vergangen Wochen befeuert von immer schlechteren Nachrichten - vor allem von kaum nachvollziehbaren Mitteilungen der Hersteller über Verzögerungen der Impfstoff-Lieferungen. So konnte es nicht weiter gehen! Ein Gespräch zwischen Vertretern der Pharma-Industrie, der EU-Kommission sowie der deutschen Bundes- und den Landesregierungen sollte Klarheit bringen.

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DW-Redakteurin Dijana RoscicBild: Privat

Die haben wir jetzt und so betrachtet war der sogenannte "Impfgipfel" zu Beginn der vergangenen Woche ein Erfolg. Denn nun wissen wir: In Deutschland sowie der Europäischen Union wird es mindestens noch zwei weitere Monate an Impfstoff mangeln! Auch mehr Geld könne da jetzt nicht helfen, sagte Kanzlerin zum Abschluss, die das Thema Impfen inzwischen zur Chefsache erklärt hat.

Angela Merkel sagte aber auch: "Man muss sehen, dass die USA durch ihren War Act eine Situation haben, wo sie im Grunde kaum an Drittstaaten exportieren. Europa ist damit auf seine Standorte zurückverwiesen. Und diese Standorte sind glücklicherweise da, da können wir uns freuen. Aber Europa hat nicht unendlich viele solche Standorte."

Mit anderen Worten: Für ihre Verbündeten und Freunde sind Deutschland und die EU nur Partner dritter Klasse. Und bleiben in diesen schwierigen Zeiten ihrem eigenen Schicksal überlassen. Das ist ernüchternd. Und man wundert sich, dass dies kein stärkeres Echo in Medien gefunden hat.

"America First" gilt weiterhin

Wenn wenigstens Donald Trump noch US-Präsident wäre - dann ließe sich das einfacher ertragen. Aber auch der von Europa so sehnlich erwartete Joe Biden rührt keinen Finger, um der EU zu helfen. Biden will in seinen ersten 100 Tagen im Amt 100 Millionen Amerikaner impfen lassen und verbietet deswegen weiterhin die Ausfuhr von Corona-Impfstoff auf Basis einer präsidialen Order. Es gilt also nach wie vor "America First".

Deswegen gilt auch unter Präsident Biden das, was Angela Merkel schon im Mai 2017, nach dem ersten G7-Gipfel mit Donald Trump in sizilianischen Taormina, anmahnte: "Die Zeiten, in denen wir uns auf andere völlig verlassen konnten, die sind ein Stück vorbei. Wir Europäer müssen unser Schicksal wirklich in unsere eigene Hand nehmen."

Nicht alles wird wieder wie früher

Vier Jahre lang hat sich die Mehrheit Europas fleißig an Donald Trump abgearbeitet und auch gehofft, dass es die Briten in Wirklichkeit vielleicht doch nicht ernst gemeint haben. Aber jetzt - nach turbulenten Wochen - folgte das böse Erwachen: Die Briten sind tatsächlich weg und unter Joe Biden wird nicht automatisch wieder alles wie früher.

Wenn sich Europa dessen nun bewusst wird, kann es nur besser werden. Und es wird besser: Es beginnt zunächst mit der Impfstoff-Produktion von Moderna in Spanien. Eine neue Fabrik von BioNTech-Pfizer in Marburg soll Ende Februar in Betrieb gehen. Sanofi in Frankreich, Bayer in Leverkusen - auch sie werden Corona-Impfstoff herstellen. Nicht in ein paar Tagen und keine selbst entwickelten - aber für ganz Europa und seine Partner in der Welt.