Wenn ich dies in Tansania schriebe, säße ich vermutlich schnell im Gefängnis. Oder würde spurlos verschwinden. Viele afrikanische Journalisten wie ich, die ihre politischen Anführer kritisieren, sehen sich Folter ausgesetzt, werden zum Schweigen gebracht, oder man hört nie wieder etwas von ihnen.
Auf dem afrikanischen Kontinent wird dies häufig übersehen. Stattdessen geht es darum, wie viele Straßen und Brücken, Stadien oder Gebäude während einer Amtszeit errichtet wurden - normalerweise finanziert durch enorme Kredite.
Kampf gegen Korruption
Der jüngst verstorbene Präsident Tansanias, John Magufuli, bekämpfte zwar Vetternwirtschaft und Korruption, was ihm den Titel "Bulldozer" einbrachte. Doch während seiner sechsjährigen Amtszeit wandelte sich Tansania von einem Land der Meinungsfreiheit und Toleranz zu einem Ort, an dem Kritik an der Regierung lebensgefährlich werden konnte.
Aber das ist natürlich nur die Sicht westlicher Medien - so zumindest die Beschwerde vieler afrikanischer Politiker, wenn sie sich als Tyrannen gebrandmarkt fühlen. Für sie sind die teuren Infrastruktur-Projekte Symbole ihrer großen Vision für ein besseres Land.
Das gilt nicht nur für Magufuli, sondern auch Ruandas Staatschef Paul Kagame und Kameruns Präsident Paul Bija. Sie alle beschuldigen den Westen, um ihre Kritiker zu diskreditieren.
Westliche Propaganda
Die Entscheidungsträger verbindet eine Gemeinsamkeit: Sie befanden oder befinden sich alle drei auf dem Höhepunkt ihrer Macht. Auch ihre Taktiken ähneln sich: Kritische Medien werden verboten, oppositionelle Stimmen zum Schweigen gebracht und jedes Anzeichen von Ablehnung als westliche Propaganda abgetan.
Ich möchte nicht missverstanden werden: Ich leugne nicht, dass der Westen in Afrika eine eigene Agenda vorantreibt. Europäische Kolonialherren haben Afrikaner versklavt und sie gezwungen, in ihren Kriegen zu kämpfen. Und noch immer ist der globale Norden damit beschäftigt, billig Rohstoffe auf dem Kontinent abzubauen, um diese dann später zu erhöhten Preisen dorthin zurück zu verkaufen.
Wer also würde Europa nicht für das Leid Afrikas verantwortlich machen? Doch dieses Argument wird oft missbraucht, um von den wahren Plänen afrikanischer Herrscher abzulenken.
Wenn das so weiter geht, kommen auf den Kontinent gefährliche Zeiten zu. Es wird oft argumentiert, dass Afrika starke politische Anführer braucht, um seine Entwicklung voranzutreiben - daher auch der Begriff des sogenannten wohlwollenden, gutwilligen Diktators.
Zurück in die 80er Jahre?
Leider wissen wir schon genau, was passiert, wenn die Sache schief läuft. In den 80er Jahren ließen sich viele afrikanische Politiker von Macht- und Geldgier antreiben und verwandelten sich in Autokraten, die ihren opulenten Lebensstil mit Einnahmen aus dem Staatshaushalt finanzierten. Die Folge: Statt wirtschaftlichem Wohlstand breiteten sich despotische Regime aus, wie in Uganda unter Idi Amin und in Sierra Leone unter Siaka Stevens.
Magufuli wird von vielen Menschen in Tansania weiterhin verehrt. Andere haben sich von ihm abgewendet, weil er seine Kritiker hinter Gitter bringt. Während seiner Amtszeit wurden mehrere Journalisten und Oppositionspolitiker am helllichten Tage erschossen.
Die Ermittlungen zu diesen Straftaten wurden nie abgeschlossen. Wie viele andere Diktatoren vor ihm auch, hat Magufuli die Illusion genährt, dass ohne ihn in Tansania Entwicklung und Fortschritt nicht möglich seien.
Erste Frau als Präsidentin
Tansanias Zukunft liegt nun in den Händen von Samia Suluhu Hassan. Die Vizepräsidentin hat bereits mehrere Ministerämter ausgeübt und ist die erste Präsidentin des Landes. Sie könnte aus dem Schatten Magufulis heraustreten und das Land für neue politische Anführer und Ideen öffnen - oder eben auch nicht.
Wie auch immer sie sich entscheiden wird, eines ist sicher: Langfristig entwickelt sich kein Land unter einer einzigen Führungspersönlichkeit weiter. Nachhaltige Entwicklung ist nur möglich, wenn in menschliche Entwicklung und Meinungsfreiheit investiert wird.
Afrikanische Anführer können dem Westen die Schuld für ihre Probleme zuschieben, so lange sie wollen. Aber diese Probleme werden nicht ohne eine längst überfällige Selbstreflexion verschwinden.
Der Text wurde aus dem englischen Original ins Deutsche von Astrid Prange de Oliveira adaptiert.