Merkel zweifelt an Mercosur-Abkommen
21. August 2020Bundeskanzlerin Angela Merkel hat angesichts der Abholzung im Amazonas-Gebiet "erhebliche Zweifel" an der Umsetzung des EU-Handelsabkommens mit dem südamerikanischen Staatenbund Mercosur. Man sehe "mit großer Sorge" auf Abholzung und Brandrodungen, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert. Es stellten sich "ernsthafte Fragen, ob eine Umsetzung des Abkommens in dem intendierten Geist zur Zeit gewährleistet wäre". Daher gebe es einen intensiven Dialog, "um konstruktive Lösungen zu finden".
Derzeit stockt die Ratifizierung des EU-Freihandelspakts mit Brasilien, Argentinien, Paraguay und Uruguay. Frankreich hatte bereits sein Veto angekündigt. Ein Grund ist die Debatte innerhalb der EU über den Schutz des brasilianischen Regenwaldes. Dessen Fläche ging in der ersten Hälfte des Jahres so stark zurück wie noch wie - offenbar mit Billigung der Regierung in Brasília und mit erheblichen Folgen für das globale Klima.
Größte Freihandelszone der Welt
Mit dem Mercosur-Abkommen wollen die EU und die vier südamerikanischen Länder die größte Freihandelszone der Welt aufbauen. Dagegen fordern Umweltverbände schon lange einen Verzicht auf den Pakt, der aus ihrer Sicht schwere ökologische Nachteile mit sich bringt. Greenpeace erklärte, Merkel müsse sich für ein neues Abkommen einsetzen, das "soziale Gerechtigkeit und den Schutz von Klima und Biodiversität in den Mittelpunkt stellt". Der Mercosur-Vertrag war am Donnerstag auch Thema bei einem Treffen der Kanzlerin mit Aktivistinnen der Klimabewegung Fridays for Future.
Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag betonte indes, das Abkommen sei ein wichtiger Schritt für eine bessere wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen den großen Märkten. Außenwirtschaftschef Volker Treier sagte der Deutschen Presse-Agentur, gerade in der aktuellen wirtschaftlichen Krise könne der Freihandelspakt "dringend benötigte wirtschaftliche Impulse aussenden". Er würde effektiv dazu beitragen, Lieferketten robuster und breiter aufzustellen. "Und wir könnten ein wirksames Instrument erhalten, um dauerhaft auf bessere Sozial- und Umweltstandards in den Mercosur-Staaten hinzuwirken."
jj/ww (dpa, afp)