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Meuterei-Verdacht sorgt für Aufregung

20. Januar 2011

Meuterei auf der 'Gorch Fock'? Tödliche Schüsse auf einen Kameraden in Afghanistan? Geöffnete Soldatenpost? – Die Bundeswehr macht ungewöhnliche Schlagzeilen!

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Segelschulschiff Gorch Fock (Foto: AP)
Segelschulschiff Gorch FockBild: AP

Das legendäre Segelschulschiff der Bundesmarine, die 'Gorch Fock' kehrt nach bekanntgewordenen schweren Konflikten zwischen Offiziersanwärtern und Stammbesatzung in seinen letzten Hafen in Argentinien zurück. In Ushuaia solle es auf ein Ermittlungsteam der Marine warten, sagte Marine-Sprecher Alexander von Heimann am Donnerstag (20.01.2011).

Auf dem Schiff soll es im November nach dem Tod einer Offiziersanwärterin zu einer Art Meuterei gekommen sein. Die 25-Jährige war während eines Aufenthalts der 'Gorch Fock' in dem brasilianischen Hafen Salvador de Bahia bei einer Übung aus der Takelage gestürzt und auf das hölzerne Deck geprallt. Sie erlag wenig später in einem Krankenhaus ihren Verletzungen.

Matrosen in der Takelage (Foto:apn)
Matrosen in der TakelageBild: AP

Nach einem Brief des Wehrbeauftragten des Bundestags, Hellmut Königshaus, an den Verteidigungsausschuss und das Verteidigungsministerium, aus dem mehrere Medien zitieren, kam es danach zu heftigen Diskussionen zwischen anderen Offiziersanwärtern und ihren Vorgesetzten.

Heftiger Streit an Deck

Viele Kadetten – so Könighaus - "wollten unmittelbar nach dem schmerzhaften Verlust der Kameradin … nicht mehr aufentern" - also in die Takelage klettern -, "andere wollten nicht mit der 'Gorch Fock' weiterfahren". Den aufbegehrenden Offiziersanwärtern sei von ihren Vorgesetzten daraufhin "mangelnde Zusammenarbeit mit der Schiffsführung" unterstellt worden. Vier von ihnen sollten "wegen Meuterei zurück nach Deutschland geflogen werden". In dem Brief des Wehrbeauftragten sei auch von Drohungen und sexueller Belästigung seitens der Stammbesatzung die Rede, hieß es in den Berichten weiter. – Nach dem Vorfall war die Ausbildung auf der Gorch Fock abgebrochen worden. Die Offiziersanwärter wurden nach Deutschland zurückgeflogen.

Der Wehrbeauftragte des Bundestags, Hellmut Königshaus (Foto: apn)
Der Wehrbeauftragte des Bundestags, Hellmut KönigshausBild: AP

Marine-Sprecher Heimann versicherte: "Wir werden jetzt alles Menschenmögliche tun, um den Sachen nachzugehen und das aufzuklären." Das müsse zügig und mit der gebotenen Sorgfalt geschehen. Die Untersuchungskommission soll nun Gespräche mit allen Beteiligten führen.

Staatsanwaltschaft prüft Soldaten-Tod

Wegen des Todes eines Bundeswehrsoldaten Ende vergangenen Jahres in Afghanistan prüft jetzt die Staatsanwaltschaft Gera die Einleitung von Ermittlungen wegen fahrlässiger Tötung. "Derzeit wird geklärt, ob wir zuständig sind", sagte der leitende Oberstaatsanwalt Thomas Villwock der Nachrichtenagentur dapd. Nach Medienberichten war der Soldat durch eine Kugel aus der Waffe eines Kameraden getötet worden. Zu dem Unfall sei es gekommen, als eine Gruppe von Soldaten in einem Zelt auf fahrlässige Weise mit Schusswaffen hantiert habe. Das Unglück ereignete sich am 17. Dezember in einem Außenposten nördlich des Regionalen Wiederaufbauteams (PRT) Pol-i Khomri. Der 21-jährige Hauptgefreite starb nach einer Notoperation.

Bundeskanzlerin Merkel spricht im Feldlager Kundus in Afghanistan mit Soldaten (Foto: dapd) /
Bundeskanzlerin Merkel vor Weihnachten im Feldlager Kundus in AfghanistanBild: dapd

Nach dem Vorfall, der sich kurz vor dem Weihnachtsbesuch von Bundeskanzlerin Angela Merkel in Afghanistan ereignete, war zunächst berichtet worden, der Soldat sei offenbar ums Leben gekommen, als sich beim Reinigen seiner eigenen Waffe ein Schuss löste. Merkel sprach damals von einem tragischen Unglücksfall. Verteidigungsminister Guttenberg, der die Kanzlerin begleitete, hatte allerdings schon damals der Nachrichtenagentur dpa indirekt gesagt, dass ein anderer Soldat den tödlichen Schuss ausgelöst habe: "Selbstverständlich ist es auch eine Herzensfrage, diesen Kameraden, von dem das Unglück ausging, und seine Familie aufzufangen", zitiert dpa den Minister.

Guttenberg leitet Untersuchung ein

Im Fall der Feldpostbriefe von Bundeswehrsoldaten in Afghanistan, die möglicherweise im großen Stil geöffnet worden sind, hat Guttenberg am Mittwoch eine Untersuchung eingeleitet. Sie werde "mit Hochdruck" vorangetrieben, kündigte die CSU-Politiker an. Falls sich der Verdacht bestätige, werde es Konsequenzen geben. "Es ist untragbar, dass Briefe geöffnet werden".

Der Wehrbeauftragte Königshaus hatte Hinweise auf die Öffnung von Soldaten-Briefen in der vergangenen Woche bei einem Afghanistan-Besuch erhalten. Zahlreiche Soldaten des Ausbildungs- und Schutzbataillons hätten ihm davon berichtet, teilte der FDP-Politiker mit. Teilweise seien Umschläge ohne Inhalt zu Hause angekommen. "Was immer die Motive, was immer die Absichten derer waren, die das getan haben, es ist ein Verstoß gegen das hohe Gut des Postgeheimnisses", sagte Königshaus dem Sender HR-Info. Die geöffneten Briefe wurden nach Erkenntnissen des Wehrbeauftragten ausschließlich vom Vorposten "OP North" in der nordafghanischen Provinz Baghlan abgeschickt.

Autor: Michael Wehling (dpa/rtr/dapd/afp)
Redaktion: Thomas Grimmer