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Militärische Fakten statt politischer Lösung

Adrian Kriesch/ Jan-Philipp Scholz13. Januar 2014

Nach Vorstößen der Regierungstruppen halten die Rebellen im Südsudan noch eine wichtige Stadt. Ein Ende der humanitären Krise ist nicht in Sicht. Viele Flüchtlinge haben alles verloren und fürchten weitere Kämpfe.

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Regierungstreue Soldaten nach der Übernahme der Stadt Bentiu
Bild: DW/A. Kriesch

Luoy Kuong ist geschockt und offensichtlich traumatisiert. Er steht vor seinem Haus in der Stadt Bentiu, das nur noch ein Trümmerhaufen ist. Drei Wände haben die Kämpfe überstanden, der Rest ist niedergebrannt. In der Nachbarschaft wurde fast jedes Haus zerstört oder geplündert, überall liegen Asche und Staub. "Der Ort ist furchtbar. Was soll ich sagen? Es ist ja alles abgebrannt“, sagt Kuong ungläubig und blickt ins Leere. Der 18-Jährige hat keine Ahnung, wo der Rest seiner Familie ist. Wie es für ihn weitergehen soll - er weiß es nicht.

Auch in der Nachbarschaft von Luoy Kuong wurde fast jedes Haus zerstört oder geplündert. Bentiu, die Hauptstadt des ölreichen Bundesstaats Unity, ist nur noch eine Geisterstadt. An den Straßenrändern liegen Leichen von Soldaten und Zivilisten. Nach langen Kämpfen haben Regierungstruppen den Ort am Freitag (10.01.2014) von den Rebellen zurückerobert. Die Aufständischen um den ehemaligen Vizepräsidenten Riek Machar hatten Bentiu im Dezember unter ihre Kontrolle gebracht.

Festgefahrene Verhandlungen

Südsudan Luoy Kuong aus Bentiu
Alles Verloren: Luoy KuongBild: DW/A. Kriesch

"Die Situation ist jetzt unter Kontrolle", sagt stolz ein regierungstreuer Soldat der südsudanesischen Armee SPLA. "Es wird nichts mehr passieren, die Zivilisten können zurückkommen." Ein Versprechen, dem die meisten Bewohner Bentius nicht trauen. Fast alle hier sind ins Flüchtlingslager der Vereinten Nationen geflohen. Hier suchen sie Schutz, nachdem die Rebellen die ganze Region ins Chaos gestürzt haben.

Seit Anfang Januar (03.01.2014) verhandeln beide Seiten über Unterhändler in der äthiopischen Hauptstadt Addis Abeba. Rebellenführer Riek Machar fordert für einen Waffenstillstand die Freilassung von elf Gefangenen, die angeblich an einem Putsch gegen Präsident Salva Kiir beteiligt gewesen sein sollen. Kiir will den Gefangenen den Prozess machen, der ehemalige Vizepräsident Riek Machar bestreitet, dass es überhaupt einen Putschversuch gab. Die Verhandlungen sind festgefahren, etliche Vermittlungsversuche aus dem Ausland scheiterten.

"Die Lösung liegt nicht beim Militär"

Armeesprecher Philip Aguer Foto: Kriesch/ Scholz/DW
Armeesprecher Philip Aguer will die Rebellen weiter zurückdrängenBild: DW/A. Kriesch

Stattdessen werden weiter Fakten auf dem Schlachtfeld geschaffen – zum Leid der Bevölkerung. Mehr als 200.000 Menschen sind nach Angaben der Vereinten Nationen auf der Flucht. "Es ist eine politische Krise, wobei einige unserer Politiker leider Armeemitglieder rekrutiert haben, um mit Gewalt die Macht zu übernehmen“, sagt der Sprecher der südsudanesischen Armee, Philip Aguer, im DW-Interview. "Die Lösung liegt nicht beim Militär. Aber wir helfen dabei, das Territorium zurückzuerobern. Das ist unser Mandat, so ist es in der Verfassung festgeschrieben.“

Peter Adwok Nyaba sympathisiert mit den Aufständischen. Er behauptet, Milizen des Präsidenten seien für ethnisch motivierte Massenmorde zu Beginn des Konfliktes verantwortlich. Er hat vor fünf Monaten seinen Posten als Minister verloren, als Präsident Kiir sein gesamtes Kabinett auflöste. Im DW-Gespräch kritisiert Nyaba, dass es der regierenden Südsudanesischen Befreiungsbewegung, SPLM, seit Jahrzehnten nicht gelungen sei, eine echte politische Bewegung zum Wohle der Südsudanesen aufzubauen. "Das bedeutet, dass seitdem die Armee das einzige Mittel ist, um Ziele umzusetzen. Darum kann der Präsident den Konflikt zwischen ihm und seinen Kollegen auch nur mit militärischen Mitteln lösen“, so Nyaba.

Regierungsgegner Peter Adwok Nyaba Foto: Kriesch/ Scholz/DW
Vom Regierungsmitglied zum Regierungsgegner: Peter Adwok NyabaBild: DW/A. Kriesch

Bis heute ist unklar, ob der Beginn des Bürgerkrieges Mitte Dezember ein Putschversuch war oder politisch inszeniert. Klar ist: Beide Seiten haben dazu beigetragen, dass der Konflikt nun ethnische Dimensionen angenommen hat, und sich im Land ausgebreitet hat. Darunter leiden weiter vor allem Zivilisten.