Militärputsch im Niger: Präsident Bazoum ist abgesetzt
27. Juli 2023Im Niger haben Soldaten im Fernsehen die Machtübernahme der Armee verkündet. Die Institutionen der siebten Republik seien aufgelöst, die Luft- und Landesgrenzen geschlossen und es herrsche eine landesweite Ausgangssperre von 22.00 Uhr bis 5.00 Uhr (Ortszeit), sagte Oberst Amadaou Abdramane am späten Mittwochabend im nationalen Fernsehsender RTN.
Zuvor hatten Medien berichtet, die Präsidentengarde habe am Morgen den Zugang zum Palast von Staatsoberhaupt Mohamed Bazoum in der Hauptstadt Niamey gesperrt und den Präsidenten festgesetzt. Auch der Zugang zu weiteren umliegenden Ministerien wurde den Berichten zufolge gesperrt.
Die Präsidentengarde ist eine Eliteeinheit der Armee. Den Berichten zufolge hatte Präsident Bazoum zunächst mit Vertretern des Militärs verhandelt. Das Büro des Präsidenten teilte später auf Twitter mit, Bazoum und seiner Familie gehe es gut. Zudem drohte es mit einem Gegenangriff: Die Armee und die Nationalgarde seien bereit, die Präsidentengarde anzugreifen, sollten diese sich nicht zurückziehen.
Bazoum selbst sagte inzwischen seinen Landsleuten das Festhalten an "Demokratie und Freiheit" zu. "Alle hart erkämpften Errungenschaften werden gewahrt", schrieb er im sozialen Netzwerk Twitter.
Außenminister bietet Putschisten Dialog an
Nigers Außenminister Hassoumi Massoudou rief die meuternden Militärangehörigen auf, Bazoum freizulassen und ihre Forderungen im Dialog zu klären. Dem französischen Nachrichtensender France 24 sagte der Minister: "Wir sind die legalen und legitimierten Autoritäten im Niger."
Das Auswärtige Amt in Berlin verurteilte unterdessen den "Versuch von Teilen des Militärs, die verfassungsmäßige demokratische Ordnung Nigers umzustoßen". Deutschland fordere, den demokratisch gewählten Präsidenten unverzüglich freizulassen, betonte ein Sprecher. "Wir verfolgen die Ereignisse in Niger mit sehr großer Sorge", fügte er hinzu.
USA fordern Freilassung des festgesetzten Präsidenten
Auch US-Außenminister Antony Blinken forderte die sofortige Freilassung des Präsidenten. "Wir verurteilen jeglichen Versuch, die Macht mit Gewalt zu ergreifen", sagte Blinken vor Reportern während eines Besuchs in der neuseeländischen Hauptstadt Wellington. Die USA seien in Kontakt mit der Regierung des Nigers sowie mit Partnern in der Region und weltweit. Es gebe Bemühungen, die Situation friedlich zu lösen.
Die USA hatten zuvor Kontakt zu dem Präsidenten aufgenommen. Erst am Morgen habe er mit Bazoum telefoniert, erklärte Blinken. Dabei habe er klargemacht, dass die USA Bazoum als den demokratisch gewählten Präsidenten des Niger unterstützten. Man beobachte die Situation und die Entwicklungen in dem Land sehr genau.
ECOWAS: Ein Putschversuch - EU und UN besorgt
Die westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft ECOWAS und die Afrikanische Union zeigten sich besorgt über einen "versuchten Staatsstreich im Niger" und forderten die Putschisten ebenfalls auf, Bazoum freizulassen. Ähnliche Reaktionen folgten aus Brüssel. Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell schrieb auf Twitter, die Europäische Union verurteile jeden Versuch, die Demokratie zu destabilisieren und die Stabilität im Niger zu gefährden.
UN-Chef António Guterres verurteilte "jede Anstrengung, Macht mit Gewalt zu ergreifen und Regierungsführung, Frieden und Stabilität im Niger zu untergraben auf das Schärfste". Er verfolge die Lage genau, sagte Guterres in New York. Alle Beteiligten rief der UN-Chef zu "Zurückhaltung und Sicherung der verfassungsgemäßen Ordnung" auf.
Ein Umsturz im Niger hätte weitreichende Folgen. Nach Militärputschen in Mali und Burkina Faso ist der Niger das letzte der drei Nachbarländer in der Sahelzone, das von einer demokratisch gewählten Regierung geführt wird. Erst Ende vorigen Jahres hatte die EU eine Militärmission im Niger beschlossen, um den Terrorismus in der Region zu bekämpfen.
Deutsche Soldaten in Sicherheit
Auch die deutsche Bundeswehr soll an der Mission teilnehmen. Ein Sprecher des Verteidigungsministeriums in Berlin sagte, es sei zu früh, um die Lage zu bewerten. Die in dem Land eingesetzten deutschen Soldaten seien "erst mal in Sicherheit". Wie es weitergehe, müsse in den kommenden Tagen bewertet werden.
Die Bundeswehr unterhält in der Hauptstadt Niamey einen Lufttransportstützpunkt für das militärische Engagement in Westafrika. Dieser ist auch für den laufenden Abzug der Bundeswehr aus dem benachbarten Mali wichtig.
nob/gri/uh/sti (afp, rtr, dpa)