Milliardensammeln in China
7. Dezember 2004China ist der wichtigste deutsche Handelspartner in Asien. 1800 deutsche Firmen haben chinesische Ableger. Die Exporte kletterten im ersten Halbjahr um 27 Prozent und
bis 2010 soll das Handelsvolumen von derzeit 43 Milliarden Euro verdoppelt werden.
Entsprechend groß ist beim Kanzler der Andrang aus der Wirtschaft: Noch nie haben ihn so viele Manager auf seiner Reise (5. bis 7.12.2004) begleitet. Unter anderem fliegen Wirtschaftsbosse von Konzernen wie Siemens, Allianz, Degussa und EADS mit. Außerdem wolle Berlin darauf drängen, dass China seine Bindung an den schwächelnden US-Dollar lockert.
Einkaufsliste: Flugzeuge, Loks, Kläranlagen
Die Chinesen gehen bei deutschen Unternehmen auf Einkaufstour und geben Milliarden aus - auch wenn der Bau einer zweiten Transrapid-Strecke von Schanghai ins benachbarte Hangzhou wohl auch während der Kanzler-Reise noch nicht beschlossen wird. "Beste Aussichten" auf einen Abschluss habe zum Beispiel der Airbus-Vertrag: 23 Maschinen im Wert von mehr als einer Milliarde Euro will China kaufen. Siemens wird die Lieferung von 180 Lokomotiven endgültig festmachen und dafür 360 Millionen Euro kassieren. Womöglich kommt noch eine Hochspannungsanlage für 210 Millionen dazu.
Auf der Projektliste steht noch mehr. Zum Beispiel verhandelt die Berliner Wasser AG über den Bau einer Kläranlage; Degussa plant eine Kunststoff-Fabrik. Der Springer-Verlag möchte einen Lizenz-Vertrag mit einem chinesischen Partner unterzeichnen und vielleicht Zeitschriften wie "Auto Bild" im Reich der Mitte testen.
Mehr Autos, mehr Fahrschulen
Für Autohersteller ist China sowieso ein rasant wachsender Markt. Am Montag (6.12.2004) wird Kanzler Schröder den ersten Spatenstich für ein DaimlerChrysler-Werk in Peking in die Erde setzen. Tags darauf eröffnet er ein neues Volkswagen-Werk in Changchung (Nordost-China), bei dem VW mit dem chinesischen Unternehmen First Automotive Works zusammenarbeitet.
Und auch mittelständische Firmen sollen nicht leer ausgehen. Einer der Unternehmer aus Hannover will zum Beispiel in ganz China Fahrschulen aufbauen.
Umstrittenes Waffenembargo
Neben den wirtschaftlichen Fragen wird Bundeskanzler Schröder mit Staatschef Hu Jintao und Ministerpräsident Wen Jiabao auch über politische Themen reden - wie etwa das EU-Waffenembargo gegen China. Schröder will sich für eine Aufhebung des Embargos einsetzen.
Die 1989 nach der blutigen Niederschlagung des Studentenaufstands verhängte Maßnahme sei nicht mehr zeitgemäß und werde von den Chinesen als Diskriminierung empfunden. Der Bundestag allerdings ist gegen die Aufhebung des Embargos.
Kein erhobener Zeigefinger
Auch die Menschenrechtsfrage soll offen zur Sprache kommen - aber nicht mit "missionarischer Tendenz", sondern mit dem Gedanken, "positive Ansätze" zu fördern.
Diesmal wird der Kanzler in China auch kulturell aktiv: In Peking wird er eine Ausstellung zeitgenössischer deutscher und chinesischer Künstler eröffnen und das Nationalmuseum besuchen. Außerdem planen die Chinesen ein Kulturinstitut in Berlin; im Gegenzug soll in Schanghai ein neues Goethe-Institut entstehen.
China ist toll - Japan aber auch
Bei aller Konzentration aufs Reich der Mitte warnt der Vorsitzende des Asien-Pazifik-Ausschusses (APA), Heinrich von Pierer, davor, China allein in den Mittelpunkt der Aktivitäten zu stellen. "Auch woanders gibt es hübsche Töchter", warb der Siemens-Chef in Bangkok kürzlich für kleinere Länder Südostasiens.
"Auch Japan dürfen wir nicht vergessen", assistiert Anton F. Börner, Präsident beim Bundesverband des Deutschen Groß- und Außenhandels. Mit gutem Grund: Japans Bruttoinlandsprodukt ist drei Mal so groß wie das von China. Das weiß auch Schröder, wenn er von China nach Japan weiterreist. (reh)