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Minenräumung mit Windkraft

Waslat Hasrat-Nazimi5. April 2013

Eine vom Wind getriebene Riesen-Kugel zum Entschärfen von Minen - diese Erfindung will der Designer Massoud Hassani in Afghanistan anbringen.

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Minenräumgerät "Mine Kafon" (Foto: Massoud Hassani)
Bild: Massoud Hassani

Man könnte auf den ersten Blick, wenn man es aus der Ferne betrachtet, an eine gigantische Pusteblume denken. Das ästhetisch wirkende Objekt hat rund 170 Beine aus Bambusrohren, die im Zentrum in einer kleinen Kugel stecken. Außen, am anderen Ende, ist an jedem der Rohre ein kleiner Plastikteller befestigt. Und obwohl die stachlige Kugel für den Hauptpreis beim Londoner Design Award 2012 nominiert war, neben der Olympia-Fackel und dem Brautkleid von Kate Middleton, geht es bei ihr nicht um Ästhetik.

Es geht vielmehr um genügend Fläche und Stabilität, damit das "Mine Kafon" genannte Objekt vom Wind zu seinem Einsatzort getrieben werden kann, nämlich auf Minenfelder. Und um das Mindestmaß an Gewicht, um die Minen zur Explosion zu bringen und damit unschädlich zu machen. Die Kugel im Zentrum beherbergt ein GPS-Ortungssystem, sodass die Einsatzkräfte sie jederzeit lokalisieren und die von Minen geräumten Flächen dokumentieren können. So zumindest die Idee, die hinter dem Entwurf des jungen afghanischen Designers Massoud Hassani steckt.

Idee aus der Kindheit

Massoud Hassani (Foto: Massoud Hassani)
Massoud HassaniBild: Massoud Hassani

Vor 13 Jahren kam er nach Eindhoven in den Niederlanden, um an der dortigen Hochschule für Gestaltung zu studieren. Schon als Kind in Kabul hatte er Spielzeuge gebaut, die vom Wind angetrieben wurden. Für seine Abschlussarbeit an der Hochschule ließ sich Massoud von den Konstruktionen seiner Kindheit inspirieren. "Als Kinder haben wir viele Spielsachen auf Rädern gebastelt. In der Gegend, wo wir wohnten, gab es viele Landminen. Einige unserer  Fahrzeuge waren zu schnell und fuhren, bis sie irgendwo in den Minenfeldern liegenblieben. So kam ich auf die Idee, etwas in der Art zu machen, nur größer und schwerer, um Minen zu entschärfen."

Damals habe er den Krieg wie einen Spielfilm erlebt, sagt Hassani. Für ihn war der Krieg keine Bedrohung, sondern sein Spielplatz. Von Europa träumte er als Schlaraffenland. Heute weiß er, dass auch das Leben in Europa nicht leicht und dass der Krieg ernst ist. Seit 1994 wurden mehr als 600 Millionen US-Dollar von den UN und anderen Organisationen für die Minenbekämpfung in aller Welt ausgegeben. Trotzdem werden allein in Afghanistan noch bis zu 3000 Menschen im Jahr durch Minen verletzt. Deswegen möchte Hassani seine Erfindung so bald wie möglich in der Praxis einsetzen. "Ich arbeite mit zwei Firmen zusammen, um die Sache praxisreif zu machen. Dann werden wir damit nach Afghanistan gehen und eine Gegend zur Minenräumung aussuchen. Aber es gibt auch andere Länder, Angola zum Beispiel, wo noch mehr Minen liegen, zwanzig Millionen - bei zwölf Millionen Einwohnern."

Kein vollwertiger Ersatz für Menschen

Massoud Hassani will sich von skeptischen Beurteilungen seiner Erfindung durch Experten wie den Chef der niederländischen Einheit zur Sprengkörperentschärfung nicht entmutigen lassen. Henk van der Slik glaubt nicht, dass "Mine Kafon" die gefährliche Arbeit der Spezialisten, die mit Metalldetektoren und Hunden arbeiten, ersetzen kann. Zum einen hält er das Gerät nicht für stabil genug, um nach einer oder gar mehreren Explosionen funktionstüchtig zu bleiben. Zum anderen würden Fragmente von Minen in der Gegend verstreut, die später wiederum als Minen identifiziert und damit die Arbeit der menschlichen Minenräumer erschweren würden. Ein Areal gelte schließlich erst dann als frei von Minen, wenn dies auf 98 Prozent der Fläche nachgewiesen wurde.

Das Minenräumgerät "Mine Kafon" im Test (Foto: Massoud Hassani)
Der "Mine Kafon" im TestBild: Massoud Hassani

Der niederländische Minenexperte sieht deshalb den Nutzen des Minesweepers eher darin, sich Klarheit über eine pozentiell gefährliches Areal zu verschaffen. Mit anderen Worten, man lässt die "Pusteblume" losrollen, und wenn es knallt, weiß man: betreten verboten.

Massoud Hassani verfolgt seine Vision jedenfalls weiter und arbeitet an Verbesserungen. Er hat seine eigene Firma "Aynda Studios" gegründet und entwickelt seine Tests in Zusammenarbeit mit dem niederländischen Verteidigungsministerium. Er arbeite auch schon an einer Anwendung, die nicht nur für Wüstengegenden, sondern auch für Waldgebiete geeignet sei, sagt der Designer aus Afghanistan. Aber er arbeitet auch an weniger aufwendigen Projekten: "Viele meiner Kollegen wollen gerne ausgefallene Sachen machen. Mir geht es darum, das Alltagsleben der Menschen zu verbessern. Dabei setze ich auch Hightech ein, aber nicht nur. Zurzeit arbeite ich auch an einem Kochbuch mit afghanischen Rezepten."