Misshandlung von Frauen
24. Juni 2013Sie werden geschlagen, beschimpft und vergewaltigt. Gewalt gegen Frauen ist ein weltweites Problem und weiter verbreitet als bislang gedacht. Eine neue Studie der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zeigt, wie akut die Probleme tatsächlich sind: Jede dritte Frau ist schon einmal von ihrem Partner misshandelt worden. Die UN-Organisation spricht von "epidemischen Dimensionen". Das bedeute, Gewalt gegen Frauen komme weltweit vor und es gebe kaum Unterschiede zwischen unterschiedlichen Regionen, erläutert WHO-Expertin Claudia Garcia-Moreno im Gespräch mit der DW die Ergebnisse.
Der Studie zufolge werden in Regionen mit einem hohen Durchschnittseinkommen - darunter Nordamerika, Europa, Australien und Japan - rund ein Viertel der Frauen Opfer von körperlicher oder sexueller Gewalt durch Beziehungspartner. In Südostasien und Afrika sind es mehr als ein Drittel. Die Dunkelziffer liegt hoch: Wenn eine Frau geschlagen wurde, gibt sie oft nicht zu, woher ihre Verletzungen stammen. "Das Gesundheitswesen muss deshalb das Problem der Gewalt gegen Frauen viel ernster nehmen, als bisher", fordert Garcia-Moreno.
Gewalt mitten in der Gesellschaft
Je höher der Wohlstand, desto weniger Misshandlungen - auf diesen Nenner lassen sich die WHO-Zahlen bringen. Garcia-Moreno sieht darin einen Hinweis, wie sich die Lage der Frauen verbessern lässt: "Sie müssen besser ausgebildet werden und einen eigenen Job haben. Dann werden sie seltener misshandelt", folgert die Expertin. "Das mag mit einem höheren Selbstbewusstsein zu tun haben, kann aber auch daran liegen, dass diese Frauen eher die Möglichkeit haben, die Männer zu verlassen, die sie misshandeln."
Dennoch: Das Erschreckende an der Gewalt sei, dass sie mitten in unserer Gesellschaft stattfindet "und nicht nur in den Nebenstraßen, wo die weniger gut Betuchten leben", sagt Karin Nordmeyer, die Vorsitzende des Nationalen Komitees Deutschland der Organisation UN Women. Das Problem sei, dass bei vielen Männern oft noch heute das Prinzip gelte: Wer die Füße unter meinen Tisch streckt, hält sich auch an meine Regeln. "Oft schließen die ihre Frauen ein und zahlen ihnen nur ein geringes Taschengeld, das dann eben ausfällt, wenn sie nachts im Bett nicht mehr nach seinen Regeln mitspielt."
Körperliche und psychische Folgen
Opfer von häuslicher Gewalt zu werden, hat für die Frauen oft weitreichende Folgen. Angefangen bei Depressionen und Alkoholproblemen, über Geschlechtskrankheiten und ungewollte Schwangerschaften bis hin zum Tod. "Außerdem hat das Auswirkungen auf die gesamte Familie", sagt Claudia Garcia-Moreno. Kinder, die häusliche Gewalt an ihren Müttern miterleben, haben ein höheres Risiko, selbst misshandelt zu werden oder im Erwachsenenalter selbst zu misshandeln.
Für unterschiedliche Risikofaktoren müssten deshalb spezielle Lösungen gefunden werden, sagt Karin Nordmeyer von UN Women. Unterstützung für überforderte Eltern könne helfen, Kinder nicht schon früh mit Gewalt zu konfrontieren. In Partnerschaften, in denen der Mann die Kontrolle über die Frau habe, brauche man Programme, die Männer und möglichst schon Jungen frühzeitig in einem geschlechtergerechten Umgang schulen. "Wir müssen in der Gesellschaft darauf hinweisen, dass es nicht darum geht, wer am schnellsten, höchsten, lautesten, stärksten ist", sagt Nordmeyer.
Initiativen gegen häusliche Gewalt
Mit der weltweiten Kampagne "Say no – unite to end violence against women" und dem Programm "Commit against violence" wollen die Vereinten Nationen Frauen vor häuslicher Gewalt schützen. Die Programme richten sich an Bürger und Regierungen. "58 Staaten haben ihr Interesse an der Initiative bislang mit einer Unterschrift bekräftigt", sagt Nordmeyer. Sie wollen sich aktiv gegen die Benachteiligung von Frauen einsetzen. Eine neue Europarats-Konvention gegen häusliche Gewalt legt in einem Gesetzestext eindeutig fest, was häusliche Gewalt ist und was dagegen zu tun ist. Derzeit laufe die Ratifizierung in den Mitgliedsstaaten.
Nicht nur deshalb gehen die Expertinnen für die kommenden Jahre von einer Verbesserung der Situation aus. "Die jüngeren Generationen sind nicht mehr so streng in dem Denken verwurzelt, das Männer mehr Macht haben müssen, als Frauen", gibt sich Karin Nordmeyer hoffnungsvoll.