Digital an die Spitze
13. November 2012Deutschland will von der voranschreitenden Digitalisierung in den nächsten Jahren kräftig profitieren. Bis 2020 könne es die Bundesrepublik sowohl als Industrienation als auch als Standort für Informationstechnologie (IT) unter die drei weltweit Führenden schaffen, sagte Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) am Dienstag (13.11.2012) auf dem diesjährigen Nationalen IT-Gipfel in Essen: "Wir wollen in beiden Bereichen auf das Siegertreppchen kommen."
Digitale Wirtschaft als Wachstumstreiber
Als Industrienation ist Deutschland, einstmals die Nummer drei nach den USA und Japan, durch das enorme Wachstum Chinas und Indiens inzwischen auf den fünften Rang gerutscht. Im Wettbewerb der IT-Branche liegt die Bundesrepublik derzeit auf Platz sechs. In den nächsten Jahren müsse daher die traditionelle Stärke der deutschen Industrie mit den Chancen der IT-Branche vernetzt werden, sagte Rösler: "Die digitale Wirtschaft ist Wachstumstreiber für alle Branchen."
Schon jetzt geht laut einer auf dem IT-Gipfel vorgestellten Studie ein Fünftel des Produktivitätswachstums in allen Wirtschaftszweigen auf den wachsenden IT-Einsatz zurück. Der Anteil werde mit der fortschreitenden Digitalisierung auch der klassischen Industrie weiter steigen. Fachleute sprechen angesichts dieser Entwicklung bereits von der "vierten industriellen Revolution".
Wachstum durch "intelligente Netze"
In Deutschland sollen die Wachstumsimpulse aus dem Aufbau intelligenter digitaler Netze in den zentralen Infrastrukturbereichen Energie, Verkehr, Gesundheit und Verwaltung kommen. Der Branchenverband Bitkom schätzt die dazu notwendigen Investitionen auf 130 Milliarden Euro. "Das ist eine Mammutaufgabe, die Staat und Wirtschaft nur gemeinsam bewältigen können", sagte Dieter Kempf, Chef des Branchenverbandes Bitkom.
Aber auch die nationale IT-Gründerszene soll künftig mehr Unterstützung bekommen. Das Bundeswirtschaftsministerium will dazu laut Rösler sowohl einen Beirat "Junge Digitale Wirtschaft" als auch einen Marktplatz für junge IT-Betriebe - sogenannte Start-ups - schaffen. Diese sollen so unter anderem leichter potenzielle Investoren finden und Kontakte zur etablierten Wirtschaft aufbauen.
Mehr Gründerhilfe muss her
Dass es hierzulande bislang weder ein deutsches Google noch ein deutsches Amazon gibt, führen IT-Experten vor allem auf unzureichende Gründerhilfe zurück. Bankkredite, Beteiligungskapital oder öffentliche Zuschüsse spielten bei der Finanzierung von Start-ups kaum eine Rolle, kritisierte Kempf: "Mit dem Sparbuch der Gründer kann man kein Google und kein Facebook aufbauen."
Bereits zum siebten Mal veranstaltete die Bundesregierung den Nationalen IT-Gipfel, auf dem rund 800 Teilnehmer aus Wirtschaft, Forschung und Politik die künftigen wirtschaftlichen Möglichkeiten der Informations- und Kommunikationstechnologie ausloteten. Erstmals fand die Veranstaltung in Nordrhein-Westfalen statt.